Süddeutsche Zeitung

Landler und Zwiefache:Goodbye Alice

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Die Blaskapelle von Josef Menzl spielt klassische Volksmusik und keine Schlager. Das Publikum in großen Zelten tobt trotzdem

Von Franz Kotteder, München

Der wahre Rock 'n' Roll kommt aus der Volksmusik, da würde Josef Menzl dem selbst ernannten Volks-Rock 'n' Roller Andreas Gabalier vielleicht sogar recht geben. Damit hat sich's aber auch schon, denn Menzl ist kein Freund von Schlagern und volkstümlicher Musik. Er liebt die echte, richtige, traditionelle Volksmusik.

Beim nächsten Oktoberfest, dummerweise erst Ende September 2022, kann man die nun auch auf der großen Wiesn in einem großen Bierzelt erleben. Denn dann gibt es einen neuen Wiesnwirt in der Bräurosl, der darin eine ganz neue Kapelle spielen lassen wird. Das ist eben die Kapelle Josef Menzl aus der Nähe von Regensburg, und sie gilt als eine der besten Blaskapellen Bayerns, wenn sie nicht gar die beste ist. Die zehn Bläser und ein Trommler, dazu Josef Menzl an der Klarinette als Frontman, werden regelmäßig in großen Bierzelten vom Gäubodenfest in Straubing bis zur Oiden Wiesn in München gefeiert, obwohl sie nicht "Hey Baby", "Who the fuck is Alice?" oder "Hulapalu" spielen. Sondern ganz im Gegenteil klassische bayerische Volksmusik, vom "Rehragout" über die "Oide Kath" (und andere Zwiefache zwischen Niederbayern und Oberpfalz) sowie allerhand Märsche, Schottische, Polkas und Landler. Diese aber so fernab von jeder Zirbelstubengemütlichkeit und Hoagaschtseligkeit, dass es eine wahre Pracht ist.

Tatsächlich, sagte Josef Menzl einmal, komme er ja von der Rockmusik her, und seine 1995 gegründete Blaskapelle hat tatsächlich auch ein paar Rockklassiker wie "A Whiter Shade of Pale" im Repertoire, und tritt einmal im Jahr zusammen mit einer AC/DC-Coverband daheim in Regensburg auf (demnächst wieder am 9. Juli auf dem Dultplatz, wenn es die Inzidenz erlaubt). Auf der Bühne und im Bierzelt sind das aber Ausnahmen, denn Menzls Ehrgeiz ist es, der ursprünglichen Gaudi und Kraft klassischer Volksmusik neues Leben zu verleihen. Deshalb klingt seine Kapelle auch so frisch und ungestüm, als hätte sie die Tanzmusik gerade eben erst erfunden. Menzl selbst ist nicht nur die klassische Rampensau, er hat auch noch das große Talent, sich die besten Musiker seines Genres zusammenzusuchen und in einer Kapelle zu vereinen, was selbst klassisch ausgebildete Musiker anerkennend hervorheben.

Mit der Kapelle Josef Menzl wird nun die traditionelle Blasmusik auch ins Abendprogramm des Oktoberfests zurückkehren. Der neue Bräurosl-Wirt Peter Reichert, selbst begeisterter Volksmusikant, hat das früh zum Ziel erklärt. Reservieren kann man für die Wiesn 2022 auf der Bräurosl-Homepage jetzt schon, und Menzl hofft, dass viele Fans das mit Verweis auf seine Kapelle tun, denn etwas Respekt hat er schon davor, ein so große Zelt mit 6400 Plätzen bespielen zu dürfen. Am 18. und 25. September geben Menzl und seine Musikanten schon einmal einen kleinen Vorgeschmack: Im Donisl am Marienplatz, wo Reichert ebenfalls Wirt ist, bei der Wirtshaus-Wiesn.

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Quelle:
SZ vom 10.06.2021
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