Süddeutsche Zeitung

Unterhaching:Wrigley zieht es nach London

Lesezeit: 2 min

Von L. Brunckhorst, M. Kläsgen und G. Passarge, Unterhaching

Antonio Banderas sollte den Trend wenden. Vor vier Jahren engagierte der amerikanische Kaugummi-Hersteller Wrigley den Hollywood-Star für eine Kampagne, um den schwächelnden Markt mit seinem zahnweißglänzenden Lächeln in Schwung zu bringen.

Gebracht hat es offenbar nicht viel: Wrigley will seine Europa-Zentrale nun von Unterhaching nach London verlegen. Der Umzug ist Teil einer Umstrukturierung im Unternehmen, nachdem der Kaugummi-Hersteller im vergangenen Jahr mit dem Schokoladen-Produzenten Mars fusioniert hatte. Dessen Europa-Zentrale ist noch in Brüssel. In London sollen beide zu Mars Wrigley Confectionary zusammengeführt werden.

Für Unterhaching hat der Umzug einen Verlust von Arbeitsplätzen zur Folge. Wie viele wollte am Montag niemand offiziell sagen. Es gebe noch "kein genaues Timing", sagte Unternehmenssprecherin Iris Radière zur SZ. Die Zusammenlegung werde aber auf jeden Fall sukzessive vor sich gehen. Aus Kreisen von Mitarbeitern ist von 163 Stellen die Rede. Die Deutschlandzentrale soll aber in Unterhaching bleiben. In ihr arbeitet der größte Teil der Wrigley-Mitarbeiter in Unterhaching. Einen Betriebsrat dort gibt es nicht.

Unterhaching sei definitiv der beste Platz, um für Wrigley zu arbeiten, wird eine Managerin aktuell noch auf der Homepage des Unternehmens zitiert. Und auch Vize-Präsident Rankin Carroll lobt Unterhaching, weil die Europazentrale dort über eine "Vielfalt von Kulturen" verfüge. Die Wirklichkeit sieht anders aus: Auch ohne Fusion und Umzug sind in den vergangenen Jahren schon Jobs in Unterhaching verloren gegangen. Von den ehemals mehr als 500 Beschäftigten an der Biberger Straße sollen heute weniger als 400 übrig sein. Genaue Zahlen nennt das Unternehmen nicht.

In der Gemeinde Unterhaching reagierte man am Montag auf die Meldung dennoch gelassen. Man stehe "natürlich im engen Austausch mit allen ansässigen Unternehmen", sagte Simon Hötzl, der Referent von Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD). "Wir wurden deshalb schon frühzeitig im letzten Jahr davon in Kenntnis gesetzt, dass in der Mars Gruppe aufgrund der Verschmelzung der Schokoladensparte und Wrigley zur Mars Wrigley Confectionery strukturelle Veränderungen im Gange sind, die natürlich auch den Standort in Unterhaching tangieren werden."

In Unterhaching bleibt man selbstbewusst

Auch im Rathaus geht man davon aus, dass der Standort Unterhaching erhalten bleibt. "Wir sind allerdings durchaus so selbstbewusst festzustellen, dass sich der Unternehmensstandort Unterhaching aufgrund seiner unbestreitbaren Vorteile, sicher im konzernweiten Standortvergleich nicht zu verstecken braucht", betont Hötzl. Als Standortfaktoren listet er einen niedrigen Gewerbesteuerhebesatz, die Anbindung an die Stadt München, die Nähe zu renommierten Universitäten und die Lebensqualität im Münchner Süden auf. Fragen zum Anteil Wrigleys am Gewerbesteueraufkommen der Gemeinde und möglichen Einnahmeverlusten beantwortete die Gemeinde nicht.

Wrigley residiert seit 1991 in der Gemeinde im Münchner Süden. Im Jahr 2000 wurde die heutige Zentrale bezogen, wo die Bereiche Marketing, Vertrieb, Kommunikation und Finanzen für den europäischen Markt konzentriert wurden. Die Produktion erfolgt in Frankreich, England, Tschechien und Polen. Deutschland gilt als einer der wichtigsten Märkte für den Konzern, dessen Grundstein im Jahr 1891 in den USA gelegt wurde. Wrigley produziert an 20 Standorten in der Welt Kaugummis und Süßigkeiten und ist nach eigenen Angaben mit weitem Abstand Weltmarktführer bei Kaugummis. Die bekanntesten Marken sind Orbit, Hubba Bubba, Wrigley's Spearmint und Extra.

Wrigley ist im Landkreis nicht das erste namhafte Unternehmen, das sich trotz des angekündigten Brexits nach England orientiert. Der dänische Spielzeughersteller Lego verlagerte bereits in den vergangenen drei Jahren 50 Stellen aus seiner Deutschland- und Europazentrale im Grasbrunner Technopark nach London. Heuer sollen weitere 38 an die Themse folgen.

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Quelle:
SZ vom 11.07.2017
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