Süddeutsche Zeitung

SZ-Serie: Mit dem Bus in den Landkreis, Folge 6:Lautlos durch Unterföhring

Lesezeit: 3 min

Auf der Ortslinie wird gerade der Einsatz eines Elektrobusses getestet. Weil andere Verkehrsteilnehmer ihn nicht hören, muss Fahrer Georgios Dogantzalis am Steuer besonders vorsichtig sein.

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Das Aufladen ist wenig spektakulär: Georgios Dogantzalis öffnet das kleine Fenster an der Außenseite des Busses, nimmt den großen Stecker aus der Ladestation, schiebt ihn in die Buchse und zückt eine Art Scheckkarte mit Code, um den Stromfluss in Gang zu setzen. Jetzt können die Batterien Saft bekommen. Die Ladestation an der Straßäckerallee in Unterföhring gehört zum Pilotprojekt des Landkreises München. Zum Fahrplanwechsel am 15. Dezember wird dann die erste Elektrobuslinie im MVV-Regionalverkehr ihren Dienst aufnehmen, und zwar in Unterföhring. In den vergangenen Wochen sind dort die strombetriebenen Ortsbusse bereits im Probebetrieb unterwegs gewesen. Um zu testen, wie es läuft.

Für Georgios Dogantzalis sind die Fahrten durchaus spannend, wie er sagt. Denn im Bus sind keine Motorengeräusche zu hören, nur Heizung und Lüftung surren ein bisschen. Und weil auch für alle draußen - Radler, Fußgänger und zur Haltestelle eilende Fahrgäste - der E-Bus kaum hörbar ist, weil eben kein Dieselmotor knattert, muss der Fahrer sehr gut aufpassen, wie der 53-Jährige sagt, der bei der Probefahrt an diesem Morgen äußerst konzentriert in die großen Außenspiegel des Busses schaut.

Sechs Batteriemodule mit einer Kapazität von zusammen 240 Kilowattstunden (kWh) sind in dem Fahrzeug verbaut, sie können entweder in Unterföhring oder auf dem Betriebshof des Busunternehmens Ettenhuber in Feldkirchen geladen werden. Die Busfahrer bekommen zu Dienstbeginn einen Plan, wann es wieder eine Ladung braucht; etwa fünf Prozent der Batteriekapazität gehen auf einer Runde auf der Unterföhringer Ortsbuslinie von der Fichtenstraße über den S-Bahnhof bis zur Trambahnhaltestelle St. Emmeram in Oberföhring drauf - bei normalem Wetter, wie Georgios Dogantzalis sagt. Ist die Klimaanlage in Betrieb, weil es so heiß ist, oder die Heizung an kalten Tagen, dann liegt der Stromverbrauch um zwei Prozent höher.

17 Haltestellen liegen auf der Strecke

In der Landeshauptstadt sind die batteriebetriebenen Elektrobusse der Münchner Verkehrsgesellschaft schon unterwegs. Im Dezember folgt der 232er in Unterföhring. In den kommenden Jahren will der Landkreis Elektrobusse auf insgesamt fünf Trassen einsetzen. Neben dem Unterföhringer Projekt sollen vier weitere Strecken genauer beleuchtet und möglicherweise bereits ein Jahr später ebenfalls mit E-Bussen ausgestattet werden.

Der Unterföhringer Ortsbus verkehrt werktags von 5.30 bis 23.30 Uhr im 20-Minuten-Takt, an Sonn- und Feiertagen fahren die Busse von 8 bis 23.15 Uhr alle 40 Minuten. 17 Haltestellen liegen auf der Strecke. Von der im Norden Unterföhrings gelegenen Fichtenstraße geht es über Rathaus und S-Bahnhof zu den Einkaufsmärkten an der Feringastraße bis nach St. Emmeram, wo die Tram verkehrt.

Bereits im Jahr 2014 hatte der Landkreis München den Münchner Verkehrsverbund mit der Prüfung beauftragt, unter welchen Kriterien der Einsatz von Elektrobussen im Regionalverkehr möglich sei. Gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme wurden daraufhin alle MVV-Regionalbuslinien im Landkreis untersucht, ehe im Jahr 2015 die Entscheidung fiel, den im Oktober 2006 eingeführten Ortsbus in Unterföhring zu elektrifizieren. Die europaweite Ausschreibung gewann die Ettenhuber GmbH in Feldkirchen.

Problemlos eine ganze Schicht durchgefahren

Michael Ettenhuber, der zusammen mit seinen beiden Brüdern den Verkehrsbetrieb leitet, ist voller Zuversicht: Die neuen Busse würden bei energiesparender Fahrweise ein Kilowatt pro Kilometer verbrauchen, bei verschwenderischem Fahrstil zwei Kilowatt. Aber auch mit laufender Heizung bei kalten Temperaturen sei man bisher immer problemlos eine ganze Schicht durchgefahren, bevor an den eigens für die Busse gebaute Ladesäulen der Gemeinde eine zweistündige Pause einlegt werden musste.

Drei zwölf Meter lange Busse werden die Linie 232 in Unterföhring bedienen. Georgios Dogantzalis, der seit fünf Jahren bei der Firma Ettenhuber im Dienst ist, kann sich gut vorstellen, die E-Busse nicht nur zur Probe durch den Ort zu steuern, sondern damit auch nach dem Fahrplanwechsel Mitte Dezember im Normalbetrieb zu fahren, wie er an diesem Morgen sagt. Die Strecke von der Fichtenstraße bis St. Emmeram kennt er wie seine Westentasche - und die Stellen in Unterföhring und bei der Trambahnhaltestelle jenseits der Gemeindegrenze, an denen man mit dem geräuscharmen Gefährt ganz vorsichtig unterwegs sein muss, sowieso.

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Quelle:
SZ vom 23.10.2019
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