Süddeutsche Zeitung

SZ-Serie: Bier von hier, Folge 4:Wo Trendsetter Station machen

Lesezeit: 2 min

Im Isartaler Brauhaus in Großhesselohe, Münchens ältester Wirtshausbrauerei, gibt es sogar ein Whisky-Bier.

Von Daniela Bode, Pullach

Es zischt. Pumpgeräusche sind zu hören. Die Luft im Gastraum des Isartaler Brauhauses in Pullach duftet süßlich nach Malz. Die beiden Braukessel aus Kupfer sind blitzeblank poliert. Hinter ihnen steht Braumeister Sebastian Maria Stegbauer und setzt das Stationsweizen an, das bei den Gästen so beliebt ist. Bestimmt wegen des Geschmacks. Vielleicht auch wegen des besonderen Ambientes: Durch die großen Scheiben sieht man die S-Bahnen an der Station Großhesselohe ankommen und abfahren.

Bier gebraut wird in dem historischen Backsteingebäude mit Bahnhofsflair bereits seit 1988. "Es war die erste Wirtshausbrauerei in München", sagt Sibylla Abenteuer, Inhaberin des Isartaler Brauhauses. Sie hat vor sechs Jahren mit ihrem Mann Klaus das Haus übernommen und von der Hauseigentümer-Brauerei gepachtet. Damals war das Haus ziemlich heruntergewirtschaftet. Die Abenteuers haben also einiges in das Haus investiert, auch in eine neue Brauanlage, und kräftig renoviert, bis es so tipptopp aussah wie jetzt. Unter anderem hat das Wirtsehepaar historische Tische nachbauen lassen, den Boden erneuert und eine lange Bar aus Massivholz eingebaut.

Bis vor einem halben Jahr braute ein Mitarbeiter von Hacker-Paulaner in München das Bier, das die Wirte ihm abkauften. Mit der Brauerei arbeiten die Abenteuers auch heute noch zusammen. Mittlerweile hat das Wirtshaus in Sebastian Stegbauer aber seinen eigenen Braumeister. Der 26-Jährige steht gerne hinter den Braukesseln der kleinen Brauerei, die im Jahr laut der Inhaberin bis zu 1000 Hektoliter Bier herstellt. Denn er braut neben dem Weißbier mit seiner Stammwürze von 12,5 Prozent und einem Alkoholgehalt von 5,2 Prozent auch alle paar Monate saisonale Biere wie einen Maibock oder zuletzt ein obergäriges Sommer-Ale. "Ich freue mich, dass ich mich austoben kann. Das ist für einen Jungbraumeister eine echte Chance", sagt er.

Gerade hat er ein Bier im Whisky-Fass gelagert. Er ist schon gespannt, wie es schmecken wird. Man kann sich gut vorstellen, dass er seine Begeisterung fürs Brauen auch den Gästen weitergibt, wenn sie bei ihm eine Brauereiführung buchen. Er erzählt ihnen dann, dass das Malz unterschiedlich schmeckt, und je nachdem, wann man den Hopfen zugibt, ein anderes Aroma entsteht.

Wer ein im Isartaler Brauhaus hergestelltes Bier trinkt, bekommt ein rein regionales Produkt. Denn alle Zutaten kommen aus der Gegend. Der Hopfen stammt aus der Hallertau, Malz und Hefe aus Oberbayern und das verwendete Wasser ist "gutes Isarwasser aus dem Mangfalltal", sagt Stegbauer. Selbstverständlich wird nach dem Reinheitsgebot von 1516 gebraut - nur dann ist in Deutschland ein Bier auch wirklich ein Bier. Das bedeutet: Es gibt keine künstlichen Zusätze.

Anders als in den Großbrauereien ist der Brauvorgang in Pullach nicht automatisiert. Stegbauer hat einige Knöpfe an seinem Schaltpult zu bedienen. "Hier ist noch viel Handarbeit. Man muss die ganze Zeit während des Brauvorgangs dabei sein", sagt der 26-Jährige. Heißt: Etwa acht Stunden ist er oben im Sudhaus an Läuterbottich und Würzepfanne, den beiden Kupferkesseln, beschäftigt. Im Keller reift und lagert das Bier dann bis zu fünf Wochen. 500 Liter der süffigen Flüssigkeit sind das Ergebnis eines Brauvorgangs.

Fahrgäste steigen in die S-Bahn, andere steigen aus. Nicht selten sind gegen Abend Mitarbeiter der Firmen Linde oder Sixt im Pullacher Ortsteil Höllriegelskreuth dabei, die auf dem Weg nach Hause noch ein Feierabend-Weißbier im Brauhaus trinken. "Süffig, bananig und gehopft", beschreibt Sibylla Abenteuer den Geschmack des Stationsweizens.

Vielleicht denkt der eine oder andere dann daran, dass er in einem Gebäude sitzt, das Kaiser Wilhelm um 1890 als Zugstation errichtete. Seine ursprüngliche Funktion hat das Haus übrigens nicht ganz verloren. "Wir haben hinter dem Haus ein eigenes Gleis", sagt Abenteuer. Immer wieder halten hier Ausflugszüge mit Gästen. Sie lassen sich dann im Wirtshaus mit Blick auf die Braukessel ein kühles Bier oder bayerische Spezialitäten servieren. Dann fahren sie wieder nach Hause. Und der ein oder andere nimmt vielleicht ein Stationsweizen im Fünf-Liter-Fass oder abgefüllt in der mitgebrachten Flasche mit.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4609700
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 21.09.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.