Süddeutsche Zeitung

Gräfelfing:Lehrer kehren Schule den Rücken

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Eskalation in Konflikt mit Schulleitung: Der Großteil des Kollegiums an der Grund- und Mittelschule Lochham ersucht um Versetzung.

Von Annette Jäger, Gräfelfing

An der Lochhamer Grund- und Mittelschule ist der Schulfrieden zerstört. Mehr als die Hälfte des Lehrerkollegiums soll die Versetzung beantragt haben. Der Grund dafür sollen erhebliche Konflikte zwischen Lehrerkollegium und der Schulleiterin sein. Inzwischen sind auch die Eltern alarmiert, sie fürchten, dass der Ärger Auswirkungen auf die Kinder haben könnte. Am Mittwoch liefen zahlreiche E-Mails besorgter Eltern bei der Gemeinde Gräfelfing ein, im Staatlichen Schulamt im Landkreis München und auch beim Landrat. Bei den Behörden sind die Probleme an der Schule längst bekannt, auch die Regierung von Oberbayern ist involviert.

Das Thema schlägt "hohe Wellen", sagt Bürgermeister Peter Köstler (CSU). Und auch Landrat Christoph Göbel (CSU) findet klare Worte: "Der Konflikt schwelt schon lange und er lodert auch", das sei "sehr unerfreulich". Bisher haben die meisten Eltern davon nichts mitbekommen. Von vielen Seiten wird eine hochengagierte Lehrerschaft gelobt, die Kinder gehen gerne in die Schule, Streitigkeiten wurden von ihnen ferngehalten. Nun haben die Eltern erfahren, dass ein großer Teil des Lehrerkollegiums die Versetzung wünscht. Von etwa 18 Lehrern ist die Rede, die Zahl kann allerdings offiziell nicht bestätigt werden.

Die Eltern wünschen sich Klarheit, wie es weitergeht. "Wir hängen völlig in der Luft", sagt eine Mutter, die ihren Namen nicht nennen möchte. Einige Kinder hätten einen Übertritt an eine weiterführende Schule vor sich, der angekündigte Lehrerschwund verunsichere und verängstige die Kinder.

Schulamt spricht von "großem Problem"

Im Staatlichen Schulamt weiß Schulamtsdirektor Ulrich Barth von den Konflikten an der Schule. Er bestätigt, dass bisher fünf Anträge auf Versetzung innerhalb des Landkreises über das Internetportal des Schulamts eingegangen sind. So wie er die Lage einschätze und wie er vom Personalrat signalisiert bekommen habe, werde es bis zum Sommer noch viele mehr geben, "davon ist auszugehen". Entschieden wird über Versetzungen erst zum Ende des Schuljahres im Juli. Grundsätzlich würde die Versetzung einer großen Anzahl von Lehrern ein "großes Problem" darstellen, sagt Barth. Ein Ersatz durch andere Lehrkräfte sei nicht so einfach möglich. Eine Versetzung von so vielen Lehrkräften sollte auch aus Gründen der Kontinuität vermieden werden. Es gebe an der Schule ein "tolles Kollegium", betont Barth.

In der Vergangenheit seien bereits "vielfältige Maßnahmen" ergriffen worden, um die Situation zu verbessern, sagt der Schulamtsdirektor. Näher benennt er sie nicht. Es soll einen offenen Brief des Lehrerkollegiums an die Schulleiterin gegeben haben, in dem die Lehrer um ein Gespräch und eine Lösung gebeten haben. Der Brief soll unbeantwortet geblieben sein. Das Staatliche Schulamt im Landkreis ist die vorgesetzte Behörde der Schulleitung, das letzte Wort hat jedoch die Regierung von Oberbayern, als sogenannte personalführende Behörde. Diese könne disziplinarische Maßnahmen ergreifen, sofern sie für nötig erachtet würden, sagt Barth.

Der Ärger an der Schule ist inzwischen auch im Gräfelfinger Rathaus angekommen. Er sei von verschiedenen Stellen über die Konflikte unterrichtet worden, sagt Köstler. Personalprobleme an der Schule seien nicht sein Aufgabengebiet, die Gemeinde sei lediglich der Sachaufwandsträger. Allerdings mache es ihn "hellhörig", wenn die Probleme zu den Eltern durchdringen. Ein Versetzungsantrag sei ein "starker Willensausdruck". Als Bürgermeister habe er das Anliegen, dass "die Schulfamilie" funktioniert, aber tatsächlich laufe es "nicht rund". Mehrfach sei er in Kontakt mit dem Schulamt gewesen, er trage die Sorgen der Eltern an das Schulamt weiter und erwäge auch, das Kultusministerium schriftlich zu informieren.

Worum es bei dem Konflikt zwischen Lehrerschaft und Schulleiterin geht, benennt keiner genau. Aus dem Schulumfeld ist zu erfahren, dass es "diverse Vorkommnisse" gab, dass sich die Konflikte "aufgeschaukelt" hätten. Von einem "zerrütteten Verhältnis" mit der Schulleiterin ist die Rede und dass eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich sei. Es soll auch Lehrer geben, die es schlicht "nicht mehr aushalten", ist zu hören. Inzwischen leidet der Ruf der Schule darunter.

Am Mittwochabend hat der Elternbeirat ein Schreiben an die Eltern verfasst. Darin wurden die Eltern von einem Versetzungsantrag von mehr als der Hälfte des Lehrerkollegiums informiert, das sei dem Elternbeirat so bestätigt worden, heißt es in dem Schreiben der Vorsitzenden. Im Namen der Eltern soll nun ein Brief an die zuständigen Behörden verfasst werden, mit der dringenden Bitte, sich um die Problematik zu kümmern. Auch im Staatlichen Schulamt ist man am Thema dran, "derzeit wird die weitere Vorgehensweise mit den dafür zuständigen Stellen abgestimmt", heißt es. Die Schulleiterin selbst möchte sich nicht zu dem Konflikt äußern. Aufgrund des "zu wahrenden Dienstgeheimnisses" dürfe sie keine Stellungnahme abgeben.

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