Süddeutsche Zeitung

Fasching:Sehen und gesehen werden

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Maskierte Almrocker, treue Herzensbrecher und eine freche Pippi Langstrumpf: Im südlichen Landkreis lassen es sich die Faschingsfreunde gut gehen. Vor allem Stammgäste feiern ausgelassen bis tief in die Nacht

Von Claudia Wessel

Charlie Chaplin, der Frosch, der Dudelsack und das Hawaiimädchen haben ein vergnügliches Déjà-vu. "Seit mindestens zehn Jahren" besuchten sie den Almrockball in der Hachinga-Halle, erklärt Charlie-Nico. Mit ihren Kostümen gehen sie dabei freigiebig um. So war der Dudelsack im vergangenen Jahr noch der Frosch, in diesem Jahr hat er mit einer der anwesenden Damen getauscht, und sie hat nun das Vergnügen, aus einem giftgrünen flauschigen Ganzkörperanzug mit passender Kopfbedeckung inklusive eigentlich Frosch-untypischen Fühlern zu blicken. Auch beim Tanzvergnügen sind die Freunde großzügig. So darf jeder mal vom Tisch verschwinden und sich mit neuen Bekannten auf die Tanzfläche wagen. Rückkehr garantiert.

In einem flauschigen Kostüm steckt an diesem Freitagabend auch Andi aus Unterhaching. Seit drei Jahren geht er im Fasching darin aus und "es kommt immer sehr gut an", hat er festgestellt. Beim Almrock ist er zum ersten Mal, ebenso wie Andre aus Putzbrunn. Die Kräuterhexe hat ihn und eine ganze Gruppe hergeschleppt, weil sie den Almrockball der Faschingsgesellschaft Gleisenia und die Musik der Cagey Strings so mag. Über die vielen Gäste freut sich der Präsident der Gleisenia, Andreas Simbeck, sehr. 450 Leute sind diesmal gekommen, mehr als in den vergangenen Jahren.

Unheimliche Gestalten zeigen sich auf dem Almrockball.

Die Cagey Strings sorgen für Stimmung beim Almrock.

Herzensbrecher Jan Neusiedl beim Bürgerball.

Pullachs Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund als Pippi Langstrumpf bei den Rabenrittern.

Rabenritter Peter Zeitler mit einer Krähe auf dem Kopf.

200 Gäste zählt man am Samstag beim Bürgerball der CSU im Bürgerhaus Grünwald - und man darf wohl davon ausgehen, dass es sich vorwiegend um Stammgäste handelt. Denn wenn man sich umhört, seit wann die Gäste zu diesem Ball gehen, bekommt man Antworten wie: "Seit zehn Jahren", "seit 24 Jahren" oder, so Bürgermeister Jan Neusiedl, CSU: "Seit 30 Jahren." In etwa jedenfalls, denn wann genau der Ball zum ersten Mal stattfand, ist ihm leider entfallen. In einer Kiste daheim hat er die Einladungen alle aufgehoben, aber die müsste er mal sortieren und dazu hat er keine Zeit. Fest steht: Er war immer dabei.

Seit 15 Jahren sind Diane und Markus Schneider alljährlich auf diesem Ball. Die Gynäkologin und der Chirurg tanzen gerne. Was sie seit zwei Jahren vermissen, ist allerdings der Auftritt des "Derbolfingers". Walter Hornauer, der in Gestalt dieser Person gerne die Grünwalder Lokalpolitiker derbleckte, ist an den Tegernsee gezogen. Statt politischer Scherze gibt es dafür an diesem Abend eine Akrobatik-Show. Wer vom Tanzen zu den Klängen der Sunshine Swingers, der Band von Max Greger junior junior, also dem Enkel des verstorbenen Musikers, genug hat, kann sich in die Herzensbrecher Bar verziehen. Hier bewirten die erwachsenen Kinder von Stammgästen und Organisatoren die Besucher, und sie behaupten, dass in dem schummrigen Ambiente schon so einige Herzen gebrochen worden seien. Auch eine der Organisatorinnen, Katja Viktor-Becker, sagt lachend: "Ja, da es dort so gute Cocktails gibt, ist schon so mancher nicht mehr raus gekommen." Angesichts des gediegenen Publikums handelt es sich dabei gewiss um einen Scherz. Auch ihr Tischnachbar Markus Schneider bestätigt die Vermutung: "Ich bin treu", sagt er.

Am selben Abend vergnügt sich Neusiedls Pullacher Kollegin beim Brückenwirt an der Grünwalder Brücke. Susanna Tausendfreund (Grüne) ist wie immer im Fasching als Pippi Langstrumpf erschienen, die "macht, was sie will", wie ihr an dem Abend von sieben Pippi-Konkurrentinnen vorgesungen wird. Diese gehören zur Narrhalla München, die dem Rabenritter-Ball einen Besuch abstatten. Mit ihrer monströsen Show passen sie kaum in die Räume des "Burgsaals". Allein der personell überbesetzte Hofstaat aus Narrhalla-Narren, die nichts weiter tun, als sich hin und her zu wiegen und zu winken, sprengt fast die kleine Bühne. Nach dem glamourösen Einblick ins Großstadtleben geht das Ritterfest wieder chillig und im kleineren Kreis weiter. Ein großer Tisch rund um Pippi Langstrumpf besteht schon mal aus Gemeindemitarbeitern, ein anderer aus Mitgliedern der Schwanecker Rittersleit, die ebenfalls in Pullach heimisch sind. Dazu kommen noch drei, vier Tische mit Fans aller Art. Der Höhepunkt des Ritterballs ist zweifelsohne das Ritterturnier, bei dem die beeindruckend gekleideten Rabenritter auf Styroporpferden gegeneinander antreten.

Neben vielen anderen bunten Kostümen ist Oberritter Peter Zeitler der Blickfang. Auf seinem Kopf thront einer der berühmten Aufbauten, die das Kennzeichen von "damischen Rittern" sind, wie sich die Gruppierung auch nennt. Es handelt sich um einen Kupferteekessel, auf dem anstelle eines eigentlich logischen ausgestopften Raben eine Krähe sitzt. Der Grund? Ein Rabe wäre noch größer gewesen und er wäre gar nicht mehr durch die Tür gekommen, gibt Zeitler etwas verlegen zu.

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Quelle:
SZ vom 20.02.2017
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