Süddeutsche Zeitung

Sturzbäche in Aying:Wieder mal abgesoffen

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Die starken Regenfälle der vergangenen Wochen haben auch Teile Ayings überflutet. Schuld sind die Hanglage, der intensive Maisanbau und alte Wasserrohre. Bereits 2003 empfahl eine Studie Gegenmaßnahmen - doch der Gemeinde fehlt für die meisten das Geld.

Von Michael Morosow, Aying

Die Schwerkraft macht um die Gemeinde Aying keinen Bogen, sodass auch hier der gesammelte Regen bergab läuft, sehr zum Nachteil von Josef Mauterer, wie sich jüngst im Gemeinderat zeigte.

Zuerst sammelt es sich auf den höher gelegenen Wiesen und Feldern, fließt oberirdisch in den Bach, rauscht danach durch ein Rohr unterhalb der Fahrbahndecke der Oberen Dorfstraße, überflutet, wenn's dumm läuft, Haus und Hof von Josef Mauterer, läuft auf der Straße rüber zum Rathaus, wo es einen kleinen See bildet, und nimmt dann den Weg in Richtung Staatsstraße.

Diese Fließbeschreibung stammt von Ayings Bürgermeister Johann Eichler, der sich in der jüngsten Gemeinderatssitzung eine Dreiviertelstunde lang mit dem Thema Hochwasser beschäftigen musste, obschon dieses gar nicht auf der Tagesordnung gestanden hatte. Dafür aber stand zu Beginn der Sitzung Josef Mauterer vom Besucherstuhl auf und schilderte in eindrucksvoller Weise, wie dumm es beim jüngsten Starkregen wieder einmal für ihn gelaufen ist - das Wasser und überhaupt.

Josef Mauterer erzählte, was bei Starkregen in seiner Straße passiert

Seine Fließbeschreibung deckt sich weitgehend mit der des Bürgermeisters, aber für das, was bei Starkregen in seiner Straße passiert, konnte er präzisere Angaben machen: "Beim Schildmann (Obere Dorfstraße 3, Anm. d. Red.) kommt die ganze Scheiße raus, und bei mir ( Obere Dorfstraße 3) wieder rein. I bin wieder abgesoffen, wir halten des bald nicht mehr aus", sprudelte es aus ihm heraus. Der Ayinger schilderte die Gefahrenlage auch aus der Sicht eines Nachbarn: "Ich hab' mit dem Moar telefoniert, er hat noch zwei Zentimeter Luft g'habt, dann wär' er abgesoffen."

Josef Mauterer fand wohl Gehör im Gremium und auch bei Johann Eichler. Der Bürgermeister nahm die Schadensschilderung des Bürgers aber auch zum Anlass, die eingeschränkten Möglichkeiten der Gemeinde für einen alle glücklich machenden Hochwasserschutz ins Feld zu führen und die Betroffenen zur Mithilfe anzuhalten: Private Eigentümer müssten sich aktiv am Schutz beteiligen, zum Beispiel ihre Lichtschächte erhöhen und nicht verlangen, dass die Gemeinde die Straße anhebt. In diesem Sinne war Josef Mauterer bereits aktiv. Kurz nachdem es wieder einmal dumm für ihn gelaufen war, hatte sein Schwiegersohn mittels Schwelle und angehobenem Randstein einen kleinen Schutzwall geschaffen.

Ein Stahlhelm aus dem Zweiten Weltkrieg blockierte das Rohr

Um zu sehen, warum beim Schildmann "die ganze Scheiße raus und beim Mauterer wieder rein läuft", wird voraussichtlich in dieser Woche noch eine Kamera das annähernd hundert Jahre alte Wasserrohr unter der Oberen Dorfstraße nach verstopfenden Fremdkörpern absuchen. Wobei man auf das Ergebnis gespannt sein kann. 1998 war an anderer Stelle ein Stahlhelm aus dem Zweiten Weltkrieg aus dem Rohr gezogen worden. Der Bach, ob er oberirdisch oder durch Rohre läuft, ist dabei nicht der Quell allen Übels. Das Regenwassereinzugsgebiet für die Ortschaft Aying hat eine Größe von 59,6 Hektar - ein Gelände, das zum Ort hin auch noch abfällt.

"Und Wasser hat nun mal die Eigenschaft, dass es bergab läuft", wie Bürgermeister Eichler sagte. Vor allem dann, wenn durch Maisanbau der Boden nahezu versiegelt wird. Ein Hochwasser-Gesamtkonzept sei notwendig, sagte der Bürgermeister. Dabei war bereits 2003 im Gemeinderat eine Studie vorgestellt worden, die zu dem Ergebnis kam, dass eine Vergrößerung des bestehenden Kanals, eine Vergrößerung des Rückhaltebeckens beim Kindergarten, ein zusätzlicher Ableitungskanal und Kombinationen dieser Varianten einen formidablen Hochwasserschutz bieten würden.

Aber für diese Maßnahmen muss eine Gemeinde flüssig sein. Die Verrohrung in der Unteren Dorfstraße und der Bräuhausgasse wurde bereits in Angriff genommen, bislang endet sie aber am Kriegerdenkmal.

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Quelle:
SZ vom 14.06.2016
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