Süddeutsche Zeitung

Münchner Innenstadt:Offenbar wegen hoher Mieten: H&M schließt zwei Geschäfte

Lesezeit: 3 min

Von Michael Kläsgen und Kassian Stroh, München

Selbst der schwedischen Modekette H&M werden die Mieten in der Münchner Innenstadt offenbar zu teuer. Das ist jedenfalls die offizielle Begründung dafür, dass das Label zwei Läden in der Fußgängerzone schließen wird. Das hat das Management am Mittwoch intern verkündet, der Betriebsrat ist informiert. Betroffen sind in dem einen Laden 84, in dem anderen 37 Mitarbeiter. Sie werden nicht übernommen, sondern lediglich ermutigt, sich unternehmensintern zu bewerben.

Etwa in dem neuen H&M-Geschäft, das auf der Schwanthalerhöhe im Frühjahr eröffnet wird. Die Läden in der Innenstadt schließen Ende Januar beziehungsweise Ende März 2020. Auch wenn Schließung und Neueröffnung in etwa parallel erfolgen, handelt es sich offiziell nicht um einen Umzug. Deswegen wird den Mitarbeitern gekündigt. Die Verhandlungen über eine angemessene Miete sind ergebnislos verlaufen, wie die Süddeutsche Zeitung aus Unternehmenskreisen erfuhr.

Eine Unternehmenssprecherin sagte, für die betroffenen Mitarbeiter werde eine "Sprechstunde" eingerichtet. Wöchentlich würden die Personalverantwortlichen vor Ort für Fragen zur Verfügung stehen. Manche Mitarbeiter wirkten von der Nachricht schockiert, andere reagierten gefasst. Insgesamt, sagt ein Beteiligter, sei die Stimmung "durchwachsen" gewesen. Geschlossen werden sollen die Filialen in der Kaufingerstraße 24 und der Neuhauser Straße 5.

H&M setzt gut 22 Milliarden Euro im Jahr um und betreibt etwa 4800 Geschäfte in der Welt. Die Marke ist etwas aus der Mode gekommen und versucht gerade, sich neu zu erfinden, etwa durch einen neuen Internetauftritt. Der Konzern hat erst am Mittwoch testweise ein neues Logistikzentrum in Kamen bei Dortmund eröffnet, von wo aus H&M ganz Deutschland beliefern will. Die Internetseite wurde ebenfalls am Mittwoch mit neuen Funktionen freigeschaltet.

Zum neuen Ansatz gehört zum Leidwesen der Mitarbeiter auch, dass jede Filiale genau auf Kosten und Ertrag geprüft wird. In der Münchner Innenstadt ist H&M so stark vertreten wie in kaum einer anderen deutschen Großstadt. Ende 2017 eröffnete die Kette hier einen Laden seines Ablegers Arket, um ein Publikum mit etwas mehr Geld anzuziehen; München war nach London, Brüssel und Kopenhagen die vierte Stadt, in der H&M die Marke lancierte. Im November kam an der Sendlinger Straße ein Geschäft der Marke Weekday dazu.

Damit betreibt der H&M-Konzern derzeit zehn Geschäfte in der Altstadt, in einem Umkreis von nur wenigen hundert Metern. Oft sehen sie nicht so aus, als gehörten sie zum Konzern. Auch Cos zählt dazu, eine eher puristische Kleidungslinie. München war für die Schweden auch ein Testgelände dafür, wie man verloren gegangene Kunden zurückgewinnen könnte. Offenbar ohne den erhofften Erfolg. Von den zehn Läden fallen nun zwei weg.

Die Münchner Fußgängerzone, eine der besten Lagen für den Einzelhandel in der Republik, zog schon immer große Ketten an. Vor allem sie konnten und können sich noch die hohen Mieten leisten. An Kaufinger- und Neuhauser Straße werden für einen Quadratmeter Spitzenmieten von bis zu 400 Euro im Monat verlangt, wie Analysen von Maklern und Marktforschungsinstituten ergeben haben. Nirgendwo sonst sind höhere Umsätze zu erzielen, auch wegen der hohen Kaufkraft in München. Große Ketten, vor allem aus der Modebranche, stehen Schlange, wenn Geschäfte neu vermietet werden.

Inoffiziell sagen Branchenexperten, dass sich diese ein Geschäft in der Münchner Fußgängerzone aus strategischen Gründen auch dann leisten, wenn es sich rein vom Umsatz her nicht rechnet. Weil sie, auch für das Geschäft im Internet, trotzdem an dieser Einkaufsmeile mit einem Schaufenster vertreten sein wollen. Oder weil sie zum Beispiel eine neue Marke auf dem deutschen Markt einführen und bekannt machen wollen, was jenseits der Kundenströme nicht funktioniert. Und die Ketten können, wenn ein Laden nicht so gut läuft, die Verluste dort leichter abfedern als der Inhaber nur eines Ladens.

Die Einschnitte von H&M in München deuten nun auf ein Umdenken bei den Weltmarken hin. Was, wenn sie nicht mehr bereit sind, jeden Preis zu zahlen? Der Trend geht in Richtung Onlinehandel. H&M zögerte anfangs, setzt nun aber auch darauf. Natürlich sind die Probleme der schwedischen Marke auch hausgemacht. H&M fiel im Wettbewerb mit Konkurrenten wie Inditex (Zara, Mango) und dem Mode-Discounter Primark zurück. Der Gewinn von H&M schrumpfte, der Umsatz stieg nicht mehr so wie früher. Mehr als 100 Mitarbeiter in München müssen nun den Preis dafür bezahlen.

Anmerkung: In einer früheren Version des Textes war fälschlicherweise von einer Schließung der Filiale in der Kaufinger Straße 18 die Rede. Die Modekette H&M hat ihre Angaben korrigiert, es handelt sich um das Geschäft in der Kaufinger Straße 24.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4301557
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 25.01.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.