Süddeutsche Zeitung

Kritik:Eh ok

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"Granada" heißen die neuen Lieblinge aus Österreich. Ihr lässiger Mundart-Pop lässt die Besucher im Olympiastadion von guten Zeiten träumen. Eine kleine Premiere gibt es in München auch.

Von Bernhard Blöchl, München

Und dann ist die Welt kurz wieder in Ordnung. Die Sonne schleicht sich glimmernd, das Riesenrad dreht sich faul, und auf der kleinen Bühne im Stadion singen fünf Österreicher große Worte. "Eh ok". Es ist, wie es ist, und es ist gut so. Eine Weltanschauung mit vier Buchstaben, wie gemacht für den Moment. Im Reggae-Rhythmus der Zeile "Is jo eh ois / eh ok hoit" lassen sich die Fans in eine verloren geglaubte Seligkeit führen, von einer Kraft, die nur der Live-Musik innewohnt. Bis man beobachtet, wie die Ordner einzelne Besucher an das Tragen ihrer Masken erinnern. Im Sitzen nicht, im Stehen schon, so sind die Regeln im Stadion, zumindest wenn dort nicht Fußball gespielt wird. Nein, die Welt ist noch nicht wieder in Ordnung (war sie es je?), aber das Konzert von Granada ist ein Hoffnungsschimmer.

Granada. Der Name passt natürlich perfekt zu einer Sommerbühne, auch wenn diese nicht im sonnenverwöhnten Andalusien, sondern in München steht, vor der Südkurve im Olympiastadion, wo die Herrschaften aus Graz in Spielfilmlänge konzertieren (im Vorprogramm fragte der ambitionierte Songwriter Paul Kowol: "Wo bist du, Musik?"). Seit zwei Alben pflegen Thomas Petritsch, Lukacz Custos, Alexander Christof, Jürgen Schmidt und Roland Hanslmeier einen ursympathischen Sound im weiten Feld des Neo-Austropop. Man könnte sagen, Granada sind wie Wanda ohne Lederjackenmief, die Bilderbuch nie gehört, stattdessen Akkordeon und Britpop geübt haben, bevor sie sich gegen Berlin entschieden. Man könnte sich die Vergleiche auch sparen. Granadas rhythmisches Herz ist das Knopfakkordeon, ihr Charmefaktor eine Mundart, die wohl jeder mag. "Lang is her", "Eh ok", "Mei Velo" und "Blüte", eines ihrer jüngsten und besten Stücke über das pandemische Ausgebremstsein, sind Songs der Stunde. Der Zeitgeist ist ihr Freund.

Live gibt's eine hübsche Mehrstimmigkeit, Rockbandposen zur Mundharmonika und eine gute Show-Dramaturgie. Eine, die scheppernd in die Nacht hineintreibt, bis es mit dem Billy-Joel-Cover "Wien wort auf di" ruhiger wird. Eine Premiere gibt's beim Gastspiel in der "fast Heimatstadt" auch: "Summerfieber" heißt die neue Single vom dritten Album, das im Oktober erscheinen soll. Fazit nach der Live-Aufführung? Eh ok.

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