Süddeutsche Zeitung

Lieferdienst:Gorillas auf dem Sprung

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Der Lieferdienst plant offenbar einen Standort in Schwabing, in den Räumen der ehemaligen Postfiliale an der Angererstraße. Die Nachbarschaft fürchtet erhebliches Konfliktpotenzial.

Von Ellen Draxel

Auf das Tempo kommt es dem Lieferdienst Gorillas an. In rasanter Geschwindigkeit flitzen schwarz gekleidete Fahrradkuriere des Online-Supermarktes mit überdimensional großen Rucksäcken durch die Stadt. "Rider" nennt das Unternehmen diese Mitarbeiter, die seit einem knappen Jahr in München Lebensmittel an die Haustür, ins Büro oder zum Spielplatz bringen. Geschwindigkeit ist das Geschäftsmodell des Berliner Start-ups: Zwischen Bestellung und Lieferung sollen maximal zehn Minuten vergehen. Das Unternehmen will damit Supermärkten Konkurrenz machen. Notwendig dafür ist ein engmaschiges Logistiknetz - dessen Standorte in den vergangenen Monaten aber immer wieder in die Kritik geraten sind.

Vor allem das Logistikzentrum an der Lothstraße stand wiederholt im Kreuzfeuer der Beschwerden. Anwohner beklagten Lärm und ein unhaltbares Verkehrschaos aufgrund von auf dem Gehweg parkenden Lastwagen und eilig hin und her schwirrenden Kurieren. In sieben Münchner Stadtteilen betreibt Gorillas inzwischen Vertriebszentren: Die georderten Waren werden dort eingepackt und den Kurieren übergeben. Nun soll an der Schwabinger Angererstraße Informationen von Anliegern zufolge ein weiteres Gorillas-Logistikzentrum eröffnen.

In exakt den Räumlichkeiten, die zuvor die Post genutzt hatte - bis die Filiale im Februar dichtgemacht hat. Zwar liegt der Kommune bis dato kein Antrag auf Nutzungsänderung vor. Laut dem Sprecher des Planungsreferats, Ingo Trömer, hat "die Lokalbaukommission den Vermieter aber bereits aufgefordert, einen solchen abzugeben".

Der Eingang zum Zentrum liegt nahe an einer Arztpraxis und an Wohnräumen mit Schlaf- und Kinderzimmern

Nachbarn bereitet das Sorgen. Ein Logistikzentrum mit Lieferdienst auf E-Bikes, findet eine Schwabingerin, sei mit der speziellen Verkehrs- und Wohnsituation im Umfeld Angererstraße "nicht vereinbar". Denn der Eingang zu dem Zentrum liegt unweit einer Arztpraxis und unterhalb von vier Etagen Wohnraum mit Schlaf- und Kinderzimmern. Außerdem herrscht dort ein reger Fußgänger-, Jogger- und Kindertransportverkehr, da sich im Umfeld der Wohnanlage mehrere Kindertagesstätten, eine Grundschule, eine Mittelschule und zwei Gymnasien sowie ein Altenheim befinden. Vor allem die Schüler kaufen gerne beim Supermarkt ein, der ebenfalls Räumlichkeiten in dem Angererblock gemietet hat. All das, so die Anwohnerin, berge "hohes Konfliktpotential", sollte Gorillas wie andernorts üblich montags bis samstags zwischen 7.30 und 23 Uhr ausliefern.

Der Bezirksausschuss Schwabing-West, um Unterstützung gebeten, hält sich dennoch mit Kritik erst einmal zurück. Im Moment, so Westschwabings Gremiumschefin Gesa Tiedemann (Grüne), sei "ja noch nichts passiert". Im Übrigen, ergänzt sie, sei die Lokalbaukommission "sehr genau" über Probleme mit Gorillas an anderen Standorten im Bilde. Von den Gorillas selbst war trotz mehrmaliger Anfrage kein Statement zu bekommen.

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