Süddeutsche Zeitung

Intervention aus Fürstenfeldbruck:Lockdown gilt nun auch für Truppenfriseure

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Auf Intervention der Fürstenfeldbrucker Bundestagsabgeordneten Katrin Staffler schließt die Bundeswehr ihre "Truppenfriseurstuben". Soldatinnen und Soldaten müssen sich nun selbst um korrekte Schnitte kümmern.

Von Ingrid Hügenell, Fürstenfeldbruck

Gleiches Recht für alle: Friseursalons haben seit Mitte Dezember geschlossen, und nun dürfen auch in allen Kasernen der Bundeswehr Friseure nicht mehr die Haare der Soldatinnen schneiden. Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat diese Praxis am Donnerstag per Erlass unterbunden. Die Truppenangehörigen müssen sich selbst um das geforderte korrekte Erscheinungsbild kümmern.

Ausgegangen ist das deutschlandweite Friseur-Verbot vom Landkreis Fürstenfeldbruck. Im Fliegerhorst gab es offenbar eine Friseurstube, in der sich auch ein Handwerker, der dort zu tun hatte, die Haare schneiden ließ. Das kam der Friseurinnung zu Ohren, die sich an Katrin Staffler, die örtliche Bundestagsabgeordnete der CSU, wandte. Staffler fragte beim Verteidigungsministerium nach. "Ich bin nicht auf großen Widerstand gestoßen", berichtet sie. Offenbar sei im August 2020 erlaubt worden, dass Friseure in die Kasernen kommen. "Im momentanen Umfeld stellt sich das nicht mehr als vernünftig dar. Es wurde bis auf Weiteres verboten", sagt Staffler. "Da geht's um gleiches Recht für alle." Die Friseurinnung habe sich über ihre Intervention gefreut, von der Bundeswehr habe sie noch nichts gehört. "Gefühlt ist da Verständnis. Die Bundeswehrler packen ja auch bei der Pandemiebekämpfung mit an" - etwa in Testzentren.

Bei der Bundeswehr ist zunächst nicht ganz klar, wer zu dem Thema nun eigentlich Auskunft geben kann. Die Pressestelle der Offiziersschule der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck verweist auf das Presseinformationszentrum der Luftwaffe in Berlin, und das wiederum an das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistung in Bonn, kurz BIUD. Das teilt schließlich mit: "Die Bundeswehr ist von den aktuellen Entwicklungen rund um die Covid-19 Pandemie ebenso betroffen wie der Rest der Bevölkerung. Die aktuelle pandemische Lage fordert uns alle und hat unseren Alltag stark beeinflusst." Staat und Bundeswehr müssten handlungsfähig bleiben und schnell auf sich ändernde Lagen reagieren können.

Die Schließung der Truppenfriseurstuben sei erst einmal auf die kommenden 14 Tage begrenzt. "Dieser Zeitraum sollte zunächst zu keinen größeren Problemen führen." Jeder Soldat sei selbst dafür verantwortlich, dass die Frisur vorschriftsmäßig sitze. Vor allem dürften die Haare Ohren und Augen nicht bedecken, teilt der Sprecher mit. Die Schließung der Truppenfriseurstuben müsse aber je nach Pandemielage stets neu bewertet werden. Er selbst sei Zivilist und glücklicherweise kurz vor dem Lockdown beim Friseur gewesen.

Ein Bundeswehrsprecher sagt: "Ich lasse wachsen und trimme nur die Konturen. Da wird man bald lustig aussehen." Bei den Soldaten könnten "talentierte Freundinnen Hand anlegen" - oder auch die Ehefrauen. Ein weiterer Sprecher berichtet, er verwende seit langem erfolgreich einen Langhaarschneider. Solche Geräte sollen für die Soldaten jedoch nicht angeschafft werden, teilt das BIUD mit. Sie gehörten nicht zum "Ausstattungssoll".

Während bei den meisten Menschen die Haare immer länger wachsen und oft genug auch auffällig an Farbe verlieren, fürchten viele Friseurbetriebe um ihre Existenz. Deshalb haben sie in der Nacht auf Samstag schon zum zweiten Mal das Licht in ihren Salons brennen lassen. Wie Bettina Zellhuber, Obermeisterin der Friseurinnung im Landkreis Fürstenfeldbruck erklärt, war die erste derartige Aktion vorige Woche ein großer Erfolg. Es habe zahlreiche Solidaritätsbekunden von Kundinnen und Kunden gegeben. Petra Zander, Vorstandsmitglied im Landesinnungsverband und Initiatorin der Aktion, berichtet etwa von der Mail einer Kundin, in der hieß: "Bei mir wachsen nur die Haare, bei euch wachsen die Sorgen." Die bayerischen Friseure hoffen, am 15. Februar wieder öffnen zu dürfen.

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SZ vom 30.01.2021
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