Süddeutsche Zeitung

Oper auf dem Domberg:"Es lassen sich Parallelen zwischen Dido und Lady Diana ziehen"

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Die Sopranistin Katharina Heißenhuber und Bariton Benedikt Eder übernehmen in der Oper "Dido und Aeneas meets Tango" am Domberg die Titelrollen. Beide sind in Freising keine Unbekannten.

Interview von Marlene Mrusemark

Katharina Heißenhuber und Benedikt Eder verbrachten ihre Schulzeit am Camerloher-Gymnasium in Freising, wo beide Gesangsunterricht bei Angela Schwaiger nahmen. Sie standen schon für das Theaterstück "Die schöne Helena" gemeinsam auf der Bühne. Mittlerweile haben sie Engagements weit über Freising hinaus. Für die Inszenierung von Henry Purcells "Dido und Aeneas meets Tango" anlässlich der Sommer-Kultur-Nächte trommelten Gunther und Birgit Brennich die alte Truppe von damals wieder zusammen - Katharina Heißenhuber und Benedikt Eder waren sofort mit von der Partie. Die Freisinger SZ unterhielt sich mit den beiden über ihre Engagements, ihre Rollen und die Aufführungen am kommenden Samstag und Sonntag, 24. und 25. Juni am Domberg.

SZ: Frau Heißenhuber, wie ging Ihre Gesangsausbildung nach der Schule weiter? Wo sind Sie jetzt engagiert?

Katharina Heißenhuber: Nach dem Abitur machte ich ein Jahr lang Praktika und sang an verschiedenen Hochschulen im deutschsprachigen Raum vor. Dann fing ich an, klassischen Gesang an der Zürcher Hochschule der Künste zu studieren. Nach dem Bachelor habe ich dort auch zwei Master gemacht: in Gesangspädagogik und Schauspiel. Mittlerweile habe ich ein Engagement an der Badischen Landesbühne in Bruchsal. Dort haben wir gerade zum Beispiel Andorra im Programm. Oder neulich: Da gab es eine Lesereihe, für die ich eine Lesung über Feminismus und Gleichberechtigung zusammengestellt habe. Das war mir ein Herzensstück. Ein Thema dabei war die Vielfältigkeit der Geschlechter. Dafür habe ich unter anderem Texte von Laurie Penny ausgewählt und ein SZ-Interview mit einer Scheidungsanwältin.

Können Sie uns Ihre Rolle beschreiben? Was macht die Dido in Henry Purcells Stück aus?

Dido ist eine Frau, die sehr mit sich hadert und ihr Schicksal die ganze Zeit mit sich trägt. Zum einen ist sie verwitwet und hat ihrem verstorbenen Mann ewige Treue geschworen. Zum anderen ist sie auch noch Königin und kann deshalb nicht einfach alles so machen, wie sie es möchte. Dadurch, dass Aeneas in ihr Leben tritt, beginnt bei ihr ein innerer Konflikt. Sie ist ein sehr empfindsamer Charakter, was wirklich reizvoll zu spielen ist. Außerdem kann man eine Menge von ihr lernen. Was Dido im Laufe des Stückes erlebt, lässt sich vergleichen mit einem Korsett aus Gedanken - wie man es ich oft selbst auferlegt. Gedanken wie: "Das geht doch nicht, was würden bloß die anderen von mir denken - das kann ich nicht machen." Im Königshaus sind diese Ketten natürlich noch einmal stärker als im normalen Leben. Auf eine gewisse Art lassen sich auch Parallelen zwischen Dido und Lady Diana ziehen: Beide wagen den Weg nach draußen, wollen ein neues Leben mit einem neuen Partner beginnen. Beiden ist es leider nicht vergönnt.

Wie bereiten Sie sich auf eine solche Rolle vor?

Auf die Rolle bereite ich mich zum einen natürlich musikalisch vor, indem ich die Noten lerne, die Texte spreche und verschiedene Übersetzungsmöglichkeiten lese. Teilweise höre ich mir auch Aufnahmen an - aber nicht zu viele, da die eigene Stimme sich sowieso anders anhört und ich meine eigene Dido-Fassung finden möchte. Auf der darstellerischen Ebene arbeite ich viel mit dem Regisseur Robert Leutner und den anderen Sängern zusammen. Wir betrachten dann gemeinsam Ausgangspunkt und Zustand der Figur und untersuchen Konfliktmomente. Zum Beispiel: Warum ist Dido wütend auf Aeneas? Da sind wir nicht völlig frei, der Regisseur gibt uns ständig Feedback. Er muss schließlich einschätzen, wie etwas rüberkommt und ob eine Idee sich auch erzählt. Diese Arbeit findet in den Proben mit musikalischer Begleitung von Birgit Brennich statt, um den Gesang gleich in die Szenen mit einzubinden.

Was macht Ihnen an diesem Stück am meisten Spaß?

Dass ich die Möglichkeit bekomme, so schöne Musik mit Kollegen zusammen entstehen zu lassen, die ich gern habe. Als die Frage kam, ob wir die alte Riege von damals wiederbeleben wollen, habe ich sofort ja gesagt. Das Stück hatte ich zu Schulzeiten ja schon einmal aufgeführt, damals noch in der Turnhalle unter Basketballkörben. Es ist schön, dass wir das jetzt im Renaissancehof tun können. Dido und Aeneas war meine erste Oper und ein Schlüsselerlebnis in meinem Leben. Ich konnte noch alle Texte auswendig - eine absolute Herzensangelegenheit also. Die Musik rührt mich bis ganz tief in mein Inneres. Didos Abgründe zu erkunden, hat etwas sehr Reinigendes. Ich hoffe, dass ich das Publikum mitnehmen kann in diese Welt, die sie da beschreitet.

SZ: Herr Eder, wie ging Ihre Gesangsausbildung nach der Schule weiter? Wo sind Sie jetzt engagiert?

Benedikt Eder: Ich habe schon während der Schulzeit beim Landesjugendchor mitgesungen und 2010 die Aufnahmeprüfung an der Münchner Musikhochschule gemacht. Dort legte ich 2015 das Diplom ab und studiere jetzt weiter Gesang im Master. Nebenher arbeite ich freischaffend, ich singe zum Beispiel beim Bayerischen Rundfunkchor und bin im Staatstheater Kassel aufgetreten. Meine Engagements sind gerade hauptsächlich in München und Umgebung. Fürs nächste Jahr schaue ich mich jetzt nach einem festen Engagement um. Gern würde ich an ein deutsches Theater gehen. Schauspiel macht mir auch großen Spaß, im Camerloher hatten wir zum Beispiel auch mal Kabarettaufführungen. Aber mit meiner Ausbildung habe ich eigentlich schon die Weichen für einen Hauptberuf Gesang gelegt.

Können Sie Ihre Rolle beschreiben? Was macht den Aeneas aus?

Ich finde die Rolle sehr interessant, obwohl sie tatsächlich recht klein ist, wie man sehen wird. Aeneas hat eigentlich nur drei Szenen. Am Anfang kommt er zu Dido, in der zweiten Szene sind sie dann zusammen und in der dritten geht er auch schon wieder. Das sind alles immer nur kurze, rezitative Einlagen, keine langen Arien. Äneas macht im Laufe des Stückes auch keine so großen Entwicklungen durch wie Dido, auf die sich die Oper konzentriert. Aeneas ist eher auf sich selbst bedacht. In gewissem Sinne kann man ihn als Egoisten bezeichnen, der eher an sich und nicht viel daran denkt, was er eigentlich mit Dido macht.

Wie bereiten Sie sich vor?

Je kleiner die Rolle, desto präziser muss ich mich vorbereiten. Das tue ich gerade hauptsächlich gesanglich. Ich arbeite daran, die richtigen Töne zu treffen und mir zu überlegen, wie sich das ganze musikalisch gestalten lässt. Und ich überlege ich mir, wer Aeneas als Person ist und was er macht. In dem Fall ist aber der Regisseur derjenige, der sich die Hauptgedanken macht.

Was macht Ihnen an diesem Stück am meisten Spaß?

Ich freue mich immer über die Möglichkeit, wieder nach Freising rausfahren zu können und all die Leute wiederzusehen. Außerdem finde ich es spannend, wenn alte und neue Musik aufeinander treffen. Ich habe bisher noch gar nicht das ganze Stück gesehen und bin schon gespannt, wie das mit den Tangoelementen funktioniert. Und ich freue mich sehr, auch als Bariton mal den Liebhaber spielen zu können - normalerweise übernimmt das in der romantischen Oper immer der Tenor.

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Quelle:
SZ vom 22.06.2017
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