Süddeutsche Zeitung

Energieversorgung:Volles Rohr

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Tennet baut eine neue Starkstromleitung, die auch durch die Landkreise Freising und Erding führt. Damit die mächtigen Masten auch den richtigen Halt haben, wird der Boden an künftigen Standorten untersucht. Am Donnerstag fand in Eching die erste Probebohrung statt.

Von Regina Bluhme, Eching

Die Starkstromleitung von Oberbachern nach Ottenhofen stammt aus den 1970er Jahren und soll durch einen Neubau ersetzt werden. Die künftigen Freileitungsmasten - riesige, bis zu 80 Meter hohe Konstruktionen - müssen gut im Boden verankert sein. Aus diesem Grund ist von 1. Oktober an der Geologe Ralf Steinke auf der 50 Kilometer langen Strecke unterwegs. Er überprüft die Bodenbeschaffenheit der künftigen Maststandorte. Auf einem Acker bei Eching hat am Donnerstag die erste Probebohrung stattgefunden.

Auf dem Gelände ganz in der Nähe des Echinger Sees wartet Ralf Steinke am Donnerstag beim Pressetermin bereits an seinem Arbeitsplatz. Neben ihm: ein dunkelrotes, kettenbetriebenes MRZB, ein Multifunktions-Rammziehbohrgerät. Das klingt durchaus beeindruckend, und zur Sicherheit hat Catherin Krukenmeyer, die Referentin für Bürgerbeteiligung von Tennet, Schutzhelm und Warnweste verteilt. Steinke schaltet den MRZB ein. Das Gerät rattert los, ein Fahrwerk rammt mehrmals ein schlankes Rohr in den Boden. Mit geübten Handgriffen holt der Geologe die seitlich geöffnete Stange nach oben und präsentiert den Inhalt. Da ist eine dunkle Erde, der Mutterboden, zu sehen, und dann eine helle, mit Steinen versetzte Schicht. Der Bohrer habe sich schon ein wenig schwer getan.

Die Proben werden vor Ort und in einem Labor untersucht, informiert Catherin Krukenmeyer. Die Daten seien wichtig für die sichere Planung der späteren Mastfundamente. Je nach Beschaffenheit des Bodens würden Bauweise, Tiefe und Umfang des Fundaments "für jeden Standort individuell gewählt und berechnet". Noch bis März 2023 wird Ralf Steinke die 50 Kilometer lange Leitungsstrecke, die durch die Landkreise Dachau, München, Freising und Erding führt, abfahren und an den voraussichtlichen Maststandorten Bodenproben entnehmen.

Tennet und die beauftragten Fachfirmen bemühten sich um einen schonenden Umgang mit den Grundstücken und dem Boden, sagt Catherin Krukenmeyer. Die Anfahrt erfolge möglichst über das vorhandene Straßen- und Wegenetz und von dort auf kürzestem Wege zum Bohrpunkt. Zuvor würden natürlich Eigentümer oder Nutzungsberechtigte informiert.

Eigentümer müssen Vermessungen und Bodenuntersuchungen dulden - das ist Gesetz

Aber was ist, wenn jemand die Bohrungen auf seinem Grundstück verweigert? Das gebe es ab und an, sagt Krukenmeyer, meist werde jedoch eine Einigung erzielt. Und für Härtefälle gilt: Das Energiewirtschaftsgesetz regelt, dass Flächen bei Vorarbeiten für eine Stromleitung betreten werden dürfen. Eigentümer haben Vermessungen, Grundwasser- oder eben auch Baugrunduntersuchungen zu dulden, steht dort geschrieben.

Das Grundstück für die erste Probebohrung gehört der Gemeinde Eching, die es an den Heideverein verpachtet hat. Bürgermeister Sebastian Thaler ist mit Angelina Ludwig vom gemeindlichen Liegenschaftsamt zur Probebohrung vorbeigekommen, ebenso ein Vertreter des Heidevereins. Thaler sieht in der neuen 380-Kilovolt-Leitung Vorteile für seine Gemeinde: Eching erhalte damit zukunftsfähiges Stromnetz und Versorgungssicherheit. Wohn- und Gewerbeentwicklung werde ermöglicht. Tennet wiederum bezeichnet die Stromtrasse als "zentrale Ost-West-Spange in Südbayern", die die Versorgung von München und der Region sichere.

Am Nachmittag geht es mit dem Bohrgerät vors Echinger Bürgerhaus

Am Donnerstag Nachmittag hat dann Ralf Steinke sein MRZB in einen Anhänger gepackt und ist damit nach Eching gefahren. Vor dem Bürgerhaus stand der Geologe Besuchern und Besucherinnen bei einer Tennet-Infoveranstaltung Rede und Antwort. Bereits am Tag zuvor hatte er bei Tennet-Infotagen in Oberneuching, im Landkreis Erding, und in Schwabhausen, im Landkreis Dachau, Station gemacht. Rund 110 Interessierte haben laut Krukenmeyer die ersten beiden Infoveranstaltungen, bei denen auch die Projektteams dabei waren, besucht. Auch kritische Stimmen waren zuhören, zumal in Ottenhofen eine Bürgerinitiative gegen die von Tennet vorgesehene Trasse kämpft. Die BI "Starkstromleitung - Ja, aber mit Abstand zu Ottenhofen und Neuching/Lausbach" plädiert für eine Alternativstrecke. Aktuell werden von Tennet beide Verläufe geprüft.

Bereits Ende 2021 hat die Regierung von Oberbayern das Raumordnungsverfahren für das Projekt abgeschlossen - und damals für beiden Trassen grünes Licht gegeben. Jetzt wird das Planfeststellungsverfahren vorbereitet. Dazu werden laut Catherin Krukenmeyer die Detailplanungen ausgearbeitet und beispielsweise mit exakten Maststandorten oder Flächen für die Baustelleneinrichtung versehen. Voraussichtlich Ende 2023 werde die Tennet die Unterlagen einreichen.

Auf der Projektwebseite www.tennet.eu/oba-ott gibt es weitere Informationen, unter anderem mit einem interaktiven Kartentool zum aktuellen Planungsstand sowie Kontaktmöglichkeiten zum Projektteam.

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