Süddeutsche Zeitung

Luftfiltergeräte für Schulen:Zu teuer, zu ungewiss

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Die Staatsregierung hat ein neues Förderprogramm für den Kauf von Luftfiltergeräten in Klassenzimmern aufgelegt. Die Mehrheit der Freisinger Kreisräte ist von der Wirksamkeit der Apparaturen indes noch nicht überzeugt.

Von Peter Becker, Freising

Zu teuer und die Wirkung ist ungewiss: Mit diesen Argumenten hat sich in den Sitzungen des Schulausschusses des Kreistags stets eine Mehrheit der Kreisräte gegen den Kauf von Luftfiltergeräten für die Schulen des Landkreises ausgesprochen. Jetzt hat die Bayerische Staatsregierung ein neues Förderprogramm für die Beschaffung solcher Apparaturen aufgelegt. Ministerpräsident Markus Söder hat dazu aufgefordert, alle Klassenzimmer mit Luftreinigern auszustatten. Mit Hinweis auf die sich rasch ausbreitende Delta-Variante des Coronavirus fordern FDP und CSU im Freisinger Kreistag jetzt ebenfalls den Kauf von Luftfiltergeräten. Diese sollen möglichst rasch in den Klassenzimmern installiert werden, um Präsenzunterricht nach den Sommerferien zu gewährleisten.

Tobias Weiskopf hatte schon zum Schluss der Kreistagssitzung am vergangenen Donnerstag eine entsprechende Anfrage gestellt, mit dem Ziel, der Aufforderung Söders nachzukommen. Der Schulausschuss, der eigentlich für diesen Donnerstag angesetzt war, fällt aus. Landrat Helmut Petz (FW) sicherte Weiskopf aber zu, das Thema zeitnah zu behandeln. Am 19. Juli, antwortete er Weiskopf, wolle er sich mit den Fraktionssprechern noch einmal über den Kauf von Luftfiltern austauschen. Entschieden wird wohl in der Kreisausschusssitzung am 29. Juli. Eva Zimmerhof, Pressesprecherin des Landratsamts, sagte auf Nachfrage, dass dieses Thema dann auf der Tagesordnung stehen werde.

"Ich sehe den Wunsch, aber nicht die geänderte Sachlage", sagt Landrat Petz

Es bleibt abzuwarten, wie die Kreisräte entscheiden werden. Petz fasste den Stand der Dinge in der Kreistagssitzung mit den Worten zusammen: "Ich sehe den Wunsch, aber nicht die geänderte Sachlage." Die Luftfiltergeräte kosteten viel Geld, zu ihrer Wirkung gebe es aber unterschiedliche Aussagen aus der Wissenschaft.

Die FDP fordert gar in einem Dringlichkeitsantrag, die Verwaltung zu veranlassen, die 700 Klassenzimmer der Landkreisschulen mit Luftreinigungsgeräten auszustatten. Seinerzeit habe diese berechnet, dass dies Anschaffungskosten von 3,2 Millionen Euro plus 700 000 Euro jährlich für Betrieb und Wartung verursache. Weiskopf verweist in Zusammenhang mit dem FDP-Antrag, dass es möglich sei, die Geräte für einen Betrag von knapp zwei Millionen Euro und wesentlich geringeren Wartungskosten zu kaufen.

Man will nicht vorschnell wenig effektive Geräte erwerben

Die CSU-Fraktion begründet ihren Antrag zum Kauf von Luftfiltergeräten ebenfalls mit der Sorge über die rasche Ausbreitung der Delta-Variante. Die Christsozialen halten diese für eine gute Ergänzung zum infektionsgerechten Lüften der Klassenzimmer. "Wenngleich es sich um eine große Investition für den Landkreis handelt, geht es in erster Linie um den Gesundheitsschutz an den Schulen", heißt es in ihrem Antrag. Markus Pannermayr, Vorsitzender des Bayerischen Städtetags, warnt indes davor, zu große Erwartungen bei Eltern, Schülern und der Lehrerschaft zu wecken. "Es ist nach wie vor nicht geklärt, welchen Beitrag mobile Lüftungsgeräte im Sinne des Infektionsschutzes tatsächlich leisten können. Das ist aber die entscheidende Frage." Zudem hält er es für unmöglich, bis zum September alle Klassenzimmer in Bayern mit Luftfiltergeräten auszustatten. "Die Kommunen wollen nicht Gefahr laufen, auf die Schnelle Lüftungsgeräte zu erwerben, die sich letztlich als zu teuer oder zu wenig effektiv für die Lufthygiene erweisen", gibt Pannermayr die Stimmung vieler Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker wider.

Thomas Karmasin, Vorsitzender des Bezirksverbands Oberbayern im Bayerischen Landkreistag, äußerte sich bei einer Veranstaltung im Landkreis Dachau ähnlich. Eine rein "psychische Beruhigung" sei für ihn und seine oberbayerischen Landratskollegen sowie die große Mehrheit der Bürgermeister schlicht nicht ausreichend. Eine solche "Scheinsicherheit" wolle man nicht vermitteln.

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SZ vom 08.07.2021
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