Süddeutsche Zeitung

Fluglärm reduzieren:Den Finger in die Wunde legen

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Die Fluglärmkommission am Flughafen im Erdinger Moos schließt sich bundesweiten Forderungen nach mehr Schutz vor Fluglärm an. Ziel ist, gesundheitliche Risiken durch die Belastungen zu mindern.

Von Nadja Tausche, Freising

Die Fluglärmkommission am Flughafen im Erdinger Moos hat sich bundesweiten Forderungen nach mehr Schutz vor Fluglärm angeschlossen. Unter anderem müsse man Kindergärten und Grundschulen besser vor Lärm schützen, sagte Herbert Knur, stellvertretender Vorsitzender der Fluglärmkommission am Münchner Flughafen, in der jüngsten Sitzung der Kommission. Kinder sollten beim Mittagsschlaf in der Kita nicht durch Fluglärm geweckt werden. Außerdem sei bewiesen, dass Kinder in lauter Umgebung schlechter lernen, so Knur. Auch müsse man mehr für den aktiven Lärmschutz tun. Im Gegensatz zu passivem Lärmschutz, wo man etwa mit Schallschutzfenstern bei den Betroffenen ansetzt, bekämpft aktiver Lärmschutz den Lärm durch Flugzeuge da, wo er entsteht. Das funktioniere, indem man etwa alte Flugzeuge durch neue ersetzt, erklärte Tobias Eschenbacher in seiner Funktion als Vorsitzender der Fluglärmkommission am Flughafen im Erdinger Moos.

Die Forderungen nach besserem Lärmschutz hatte ursprünglich die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Fluglärmkommissionen (ADF) formuliert. Sie reagiert damit auf einen Bericht des Umweltministeriums. Weil das Fluglärmschutzgesetz überarbeitet werden muss, hatte das Ministerium Vorschläge zu möglichen Maßnahmen gemacht, die man in ein überarbeitetes Gesetz aufnehmen könnte. Den Fluglärmkommissionen gehen die Pläne aber nicht weit genug, deswegen haben sie eine Stellungnahme formuliert. In ihrer jüngsten Sitzung hat die Fluglärmkommission am Münchner Flughafen nun entschieden, sich den Forderungen anzuschließen. "Ich bitte die kommunalen Vertreter inständig, uns zu unterstützen", hatte Knur die Vertreter der Gemeinden im Flughafenumland, die einen großen Teil der Mitglieder der Kommission ausmachen, aufgerufen. Die Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft sei nötig, "um den Finger in die Wunde zu legen", so Knur.

Der Flughafen spricht sich für freiwillige Regelungen aus

Denn zum Beispiel die negativen Auswirkungen des Fluglärms auf die Gesundheit kommen den Fluglärmkommissionen im Bericht des Umweltministeriums zu kurz. "Das Gutachten hat die Auswirkungen geglättet", sagt Knur. Durch andauernde Lärmbelastung steige das Risiko für Depressionen. Und wer nachts durch ein lautes Flugzeug aus dem Schlaf gerissen werde, habe noch akutere Gesundheitsprobleme zu befürchten, als wer den Lärm nur tagsüber mitbekomme, zitiert die Arbeitsgruppe in ihrer Stellungnahme aus Lärmwirkungsstudien. Deshalb fordert die Arbeitsgruppe zudem, Nachtflüge weitgehend zu unterbinden. Es gebe zwar die Nachtflugregelung, diese könne in Ausnahmefällen aber aufgehoben werden, das wird nach Meinung der Kommissionen zu oft getan.

Das Gremium hatte mit 18 zu drei Stimmen beschlossen, sich den Forderungen anzuschließen. Gegenwind kam dabei von Seiten der Flughafenvertreter, die ebenfalls Teil der Kommission sind. Den Bedarf an extra Schallschutz für Kindergärten sehe er zwar ein, sagte Josef Schwendner von der Flughafen München GmbH (FMG): "Aber es gibt Dinge, die man freiwillig regeln kann." Man müsse hier nicht über die gesetzliche Schiene gehen. Der Flughafen habe tatsächlich Maßnahmen zum Lärmschutz freiwillig ergriffen, sagt auch Eschenbacher. Trotzdem wünsche er sich eine gesetzliche Regelung. Dass die Vertreter des Flughafens gegen die Zustimmung zur Stellungnahme stimmen würden, damit hatte Eschenbacher gerechnet, schließlich müsse der Flughafen die Lärmschutzmaßnahmen zum Teil bezahlen. Eschenbacher wird die Forderungen der Fluglärmkommissionen jetzt an den Bund weitergeben. Er wünsche sich, damit eine politische Debatte zu Lärmschutz auszulösen, sagt er.

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SZ vom 28.07.2018
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