Süddeutsche Zeitung

Heimkino:Filmkunst für zuhause

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Festivals werden verschoben oder abgesagt. Bis zur Wiedereröffnung der Kinos kann man sich mit früheren Gewinnern wie "Bis dann, mein Sohn" oder "Joker" trösten.

Von Josef Grübl

Es war einmal vor langer Zeit, also Februar 2020. Da wurde in Berlin über die Filmauswahl der neuen Berlinale-Chefs gemeckert: Wo war der neue Wes Anderson? Wo der neue Oskar Roehler? Und wann würde man endlich das Spielfilmdebüt von Franka Potente sehen? Vermutlich bei den Festivals in Cannes, Venedig oder München, so die Theorie.

In der Praxis sieht es zwei Monate später so aus, dass gar nichts mehr zu sehen ist - weder im Kino, noch auf Festivals. Das Filmfest München ist abgesagt, Cannes wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Das Fünf-Seen-Filmfestival im September soll dagegen stattfinden, das Dok-Fest wird im Mai zu einer reinen Online-Filmschau.

Und dann gibt es natürlich noch die Festivalhits aus dem vergangenen Jahr: Das chinesische Drama Bis dann, mein Sohn erschien gerade erst auf DVD und als Video on Demand, es ist eine herzzerreißende Langzeiterzählung über Eheleute, die ihren Sohn verlieren. Der Regisseur Wang Xiaoshuai thematisiert auch die Umwälzungen in China, die Kulturrevolution, Zwangsindustrialisierung und Ein-Kind-Politik. Auf der Berlinale 2019 gab es dafür gleich zwei Silberne Bären, für die beiden Hauptdarsteller Yong Mei und Wang Jingchun.

Die südkoreanische Sozialsatire Parasite erzählt ebenfalls eine Familiengeschichte, genauer gesagt geht es sogar um zwei Familien, eine sehr reiche (die Parks) und eine sehr arme (die Kims). Die Parks suchen einen Nachhilfelehrer für ihre Tochter, der Sohn der Kims ergaunert sich den Job. Schon bald verschafft er seiner Familie ebenfalls Stellen bei den Parks, als Chauffeur, Köchin und Kunsttherapeutin. Parasite erschien vor kurzem auf DVD, Blu-ray und als Video on Demand, Bong Joon-hos Film gewann im Februar vier Oscars, seine Weltpremiere hatte er aber 2019 in Cannes (wo er mit der Goldenen Palme ausgezeichnet wurde).

Ebenfalls in Cannes prämiert wurde das französisch-senegalesische Drama Atlantique, das von Bauarbeitern aus Dakar erzählt, die ihr Land verlassen und in klapprigen Booten übers Mittelmeer fahren - einer unsicheren Zukunft entgegen. Den Film von Mati Diop gibt es exklusiv bei Netflix. Und dann wäre da noch der nun auf DVD, Blu-ray und als Video on Demand erhältliche Joker: Der irre erfolgreiche Kinohit mit Joaquin Phoenix in der Titelrolle hatte seine Weltpremiere in Venedig - und gewann dort den Goldenen Löwen.

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Quelle:
SZ vom 15.04.2020
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