Süddeutsche Zeitung

Expertenbefragung:Am Deutschen Museum soll ein "Forum der Zukunft" entstehen

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Von Martina Scherf

Das Deutsche Museum hegt Visionen. Während die Sanierung der Ausstellungen in vollem Gange ist, die Baumaschinen dröhnen und ganze Gebäudeteile entkernt sind, schmiedet das Direktorium Pläne für den vorderen Teil der Insel: das ehemalige Forum der Technik, den Bibliotheksbau, die Innenhöfe und Uferzonen.

Die Generalsanierung soll schließlich kein Stückwerk bleiben. Die Insel mit ihrer Traumlage mitten in der Stadt soll vielmehr ein Schmuckstück werden und ein Treffpunkt für wissbegierige Menschen. Bis Mitte nächsten Jahres sollen die Vorstellungen reifen, dann wird es darum gehen, Geld einzutreiben. Einstweilen werden internationale Experten und die Stadtgesellschaft eingeladen, Ideen beizutragen, sagte Generaldirektor Wolfgang Heckl am Donnerstag.

Aus dem ehemaligen Forum der Technik an der Ludwigsbrücke, das vom kommenden Jahr an für fünf Jahre an einen Clubbetreiber verpachtet ist, soll später nach den Vorstellungen der Museumsleute ein Forum der Zukunft werden. Es soll - ausgestattet mit modernster Technologie - vor allem junge Leute ansprechen.

Untersuchungen hätten gezeigt, dass die klassischen Museumsbesucher entweder Eltern mit Kindern oder aber Menschen von 45 aufwärts sind. Die Generation zwischen 15 und 45 müsse man mit neuen Formen der Wissensvermittlung ansprechen, wie sie derzeit weltweit erprobt werden, und die dann auch gleich recht neudeutsch klingen: "Makerspace", "Science Lab", "Newsspace" oder "Repair Café".

Das Forum soll aber auch eine Plattform werden für Diskussionen und Informationen über aktuelle Themen aus Naturwissenschaft und Technik. "Wenn am Montag in den Nachrichten ein Thema auftritt, seien es brennende Handy-Akkus, autonome Autos, Klon-Mäuse oder Drohnen, dann wollen wir am Mittwochabend dazu eine Diskussionsrunde bieten können", ergänzte Heckls neue Kommunikationschefin Sabine Schulz-Hammerl.

Mehr als 50 Experten von Tokio über Wien bis New York haben Heckl und seine Mitarbeiter schon nach ihren Ideen fürs Deutsche Museum gefragt. Martin Roth, bis vor kurzem Chef des Londoner Victoria & Albert Museums, war da oder Andrea Bandelli, der die Dubliner Science Gallery leitet. Deren Gründer, der Ire Michael Gorman, baut in München gerade das neue Naturkundemuseum auf. Auch mit ihm hat sich Heckl beraten - man wolle in Zukunft zusammenarbeiten.

Auch die Verantwortlichen der Stadt wurden immer wieder eingeladen. Schließlich geht es bei dem Ensemble mit Insellage um Themen wie Denkmalschutz, Naturschutz und komplizierte Besitzverhältnisse - das Museum hat den Grund von der Stadt München zur Erbpacht überlassen bekommen.

Man wünsche sich eine bessere Öffnung der Insel für Besucher, sagte Dieter Lang, der Generalbevollmächtigte für die Sanierung. "In Wien kann man sehr schön sehen, wie ein nach allen Seiten offenes Museumsquartier Leben in das Viertel bringt". Deshalb möchte er gerne auch die Münchner Museumsinsel von allen vier Seiten öffnen, also auch im westlichen Teil, wo das Zentrum für Neue Technologien steht und derzeit die Baumaschinen ein- und ausfahren.

Bis zum nächsten Sommer sollen nun also eine inhaltliche Vision und ein Raum- und Funktionsprogramm erarbeitet werden. Wenn beides im Verwaltungsrat des Museums und dann auch bei Kunstminister Ludwig Spaenle Gefallen findet, könnte als nächstes eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben werden. Über die Kosten will Heckl noch keine Aussage treffen. 445 Millionen Euro kostet die Sanierung bis jetzt, nur für das Sammlungshaus, Brandschutz, Ufersanierung, Klimatechnik. 40 Millionen hatte Heckl selbst bei Mäzenen eingeworben.

Aber eines kann man sagen: "Die Berliner Museumsinsel ist nicht größer als wir", so der Generaldirektor, "und sie liegt mit den Kosten inzwischen bei mehr als 1,5 Milliarden".

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Quelle:
SZ vom 09.12.2016
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