Süddeutsche Zeitung

Eröffnung des Elefantenhauses:Schöner Wohnen im Tierpark Hellabrunn

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Von Gerhard Matzig

Wenn Gajendra demnächst wieder von Hamburg nach München zurückkehrt, wird er erstmals sein nach jahrelangen Renovierungsarbeiten nahezu neues Haus betreten. Dann werden im angenehm temperierten Indoorpool womöglich vier anmutige Damen auf ihn warten. Diese Damen, sie heißen Temi, Steffi, Panang und Mangala, werden einen entspannten, gut gelaunten, ja wellnesshaft erholten Eindruck machen.

Das Licht, das durch die prachtvolle Glaskuppel in den palmbestandenen, organisch sich rundenden Raum sickert, wird sich an den hellen Farben der Wände brechen und vervielfältigen. Und nun muss sich Gajendra entscheiden: lieber gleich in den Pool und zur Massagedüse - oder erst noch nach draußen in den gärtnerisch anmutig kultivierten Park, wo Sand- und Lehmsuhle ebenso bereitstehen wie ein Außenbadebecken?

Es gibt nicht viele Orte in der Welt, an denen man sich alternativ zur eigenen Wohnexistenz auch ein Dasein als Elefantenbulle sehr gut vorstellen kann. Das für mindestens zwanzig Millionen Euro denkmalgerecht sanierte Elefantenhaus gehört aber unbedingt dazu. Eigentlich fehlt dem Zuhause des Bullen Gajendra und der Elefantenkühe nur noch eine gut sortierte Bibliothek - und man wünschte, man könnte ebenfalls einziehen. Das Luxuswohnen hat einen neuen Namen: Hellabrunn.

Zu der an Kuriositäten reichen Baugeschichte der neuen Elefantenherberge gehört auch die verblüffende Tatsache, dass man stressresistenten Elefantenkühen lauten Baulärm zumuten kann - einem ach so sensiblen Bullen aber nicht. Gajendra hat den jahrelangen Umbau der übrigens auch bauhistorisch prominenten Architekturikone "Elefantenhaus" im Hamburger Zoo abgewartet. Aber dafür durften Steffi und Co. den Pool bereits am Mittwoch erstmals ausprobieren. Sie seien, erzählt die Projektleiterin Petra Dreike, begeistert gewesen.

Seit Emanuel von Seidl das berühmte Elefantenhaus Anfang des 20. Jahrhunderts im vom Jugendstil beeinflussten exotischen Stil (à la Byzanz in diesem Fall) erbaut hat, gilt es als Wahrzeichen des Münchner Tierparks. Zu Recht. Der palastartige, 18 Meter hohe Kuppelbau war seinerzeit eine baukonstruktive Sensation: eine der ersten freitragenden Betonkuppel-Architekturen weltweit. Nun wurde das Gehäuse von den Münchner Architekten Sepp Wanie und Oliver Glück nahezu komplett, also zu mindestens 85 Prozent, ertüchtigt und umgebaut.

Alle Maßnahmen sind denkmalgerecht, aber diese Veränderungen fallen sofort positiv auf. Erstens haben nun die Elefanten viel mehr Platz zur Verfügung als das Publikum (früher war das umgekehrt). Zweitens hat das Publikum dafür eine Galerie im Obergeschoss und somit einen spektakulären Blick auf die Tiere. Und drittens: Das Elefantenhaus, eröffnet 1914, wirkt viel heller und freundlicher als zuvor. Das verdankt es nicht nur den hell eingefärbten Böden und Wänden - sondern vor allem auch der stählern und filigran dem Original nachempfundenen Kuppel, die für deutlich mehr Licht sorgt.

Man muss auch dem Elefantenurin dankbar sein. Der ammoniakhaltige Urin der Tiere hat der alten Konstruktion so zugesetzt, dass im Herbst 2010 ein Teil der Decke einstürzte. Die Elefanten haben ihr Heim im Laufe der Zeit schlicht zerbieselt. Die neue Kuppelkonstruktion soll solchen Gefährdungen trotzen. Tiere im Zoo: Das kann man sicher auch kritisch sehen; aber wenn ein Elefantenhaus von Menschenhand überhaupt Elefanten zu entsprechen vermag, dann hier.

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Quelle:
SZ vom 29.10.2016
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