Süddeutsche Zeitung

Gemeindefinanzen:Die Krise ist angekommen

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Steigende Energie- und Rohstoffpreise schlagen sich inzwischen auch in den Finanzen der Gemeinden nieder. In Zorneding haben sich die Ausgaben dafür teilweise verfünffacht. Während die Kosten aber heuer noch gut zu stemmen sind, sieht es für die Zukunft eher düster aus.

Von Andreas Junkmann, Zorneding

Wenn es um die kommunalen Finanzen geht, nehmen es die Zornedinger Lokalpolitiker immer besonders genau. Anders als in den meisten anderen Landkreisgemeinden, steht hier traditionell vor den eigentlichen Haushaltsberatungen ein Rückblick auf die Einnahmen und Ausgaben des ablaufenden Jahres auf dem Programm - und dieser ist heuer vor dem Hintergrund der unerwarteten Ukraine-Krise durchaus interessant und aussagekräftig. Das Zahlenwerk zeigt nicht nur, wie sich der russische Angriffskrieg konkret auf die Kommunen im Landkreis auswirkt, sondern lässt auch erste Rückschlüsse auf die kommenden Jahre zu. Und diese sind nicht unbedingt rosig: "Das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange", ist sich jedenfalls Zornedings Bürgermeister Piet Mayr (CSU) sicher.

Die Aussage des Rathauschefs bezieht sich vor allem auf die exorbitant steigenden Energiepreise, die Gemeinden genauso wie Privathaushalte treffen. Im Zornedinger Nachtragshaushalt ist das an gleich mehreren Stellen schwarz auf weiß dokumentiert. Jeder der Posten im Zahlenwerk, der sich um die Energieversorgung der gemeindlichen Gebäude dreht, liegt zum Jahresende deutlich höher, als bei der Erstellung des Haushalts geschätzt worden ist. Laut Kämmerin Gerlinde Ziepl seien alle Abschläge deutlich nach oben gegangen. Vor allem im Bereich der Schulen ist diese Entwicklung gut zu sehen: Waren etwa für die Grundschule Zorneding zu Jahresanfang Gasbezugskosten von 40 000 Euro veranschlagt, liegt der tatsächliche Preis inzwischen bei 98 000 Euro. Bei allen anderen Einrichtungen sieht die Entwicklung ähnlich aus, teilweise liegen die tatsächlichen Kosten fünfmal so hoch, als der im Haushalt eingestellte Zielwert.

Der Bürgermeister ist überzeugt: "Das wird nächstes Jahr noch drastischer ausfallen."

Gleiches gilt für die Stromversorgung, auch hier muss die Gemeinde viel mehr Geld zahlen, als noch zu Jahresbeginn geplant war. Es ist eine Entwicklung, die nicht nur Zorneding betrifft und die wohl noch einige Zeit anhalten wird: "Das wird nächstes Jahr noch deutlich drastischer ausfallen", sagte Bürgermeister Mayr über die steigenden Energiepreise. Diese sind natürlich eine direkte Folge aus dem Krieg in der Ukraine und den dadurch entstandenen Rohstoffengpass.

Der Konflikt wirkt sich aber auch noch auf andere Posten im kommunalen Haushalt aus, etwa die Kosten für Düngemittel. Diese nämlich stammen aus der Ukraine und wurden nach Ausbruch des Krieges zu einem gefragten Gut. Der Zornedinger Bauhof hatte daraufhin seine Lagerbestände aufgefüllt, allerdings damals schon zu erhöhten Preisen, wie Kämmerin Ziepl nun sagte. Es mache durchaus Sinn, sich einen gewissen Vorrat anzulegen, ergänzte Bürgermeister Mayr über den Zukauf an Düngemittel. "Es kann sein, dass es das irgendwann einfach gar nicht mehr gibt."

Dass die Zeiten vor einem Jahr noch andere waren, lässt sich unterdessen an den sozialen Leistungen im Bereich der Flüchtlingshilfe für Ukrainer ablesen. Dieser Posten existierte Anfang 2022 noch gar nicht, jetzt schlägt er mit knapp 27 000 Euro zu Buche. Diese Summe wird Zorneding aber wieder vom Ebersberger Landratsamt zurückbekommen, und auch sonst gibt es in dem Zahlenwerk durchaus positive Aspekte. Das liegt an dem Zweck, für den der Haushalt vor einem Jahr gestaltet worden war: Denn eigentlich wollte die Gemeinde mit einer eher konservativen Finanzplanung die Auswirkungen aus der Corona-Pandemie abfedern.

Eigentlich sollten mit dem Haushalt die Corona-Auswirkungen abgefedert werden

Diese Idee zeigt sich vor allem bei den Einnahmen aus der Gewerbesteuer, die die Kämmerei mit 2,9 Millionen Euro veranschlagt hatte. Tatsächlich aber nahm die Gemeinde durch die ortsansässigen Unternehmen rund 4,4 Millionen Euro ein - weshalb die Bilanz im Gesamthaushalt trotz der hohen Energie- und Rohstoffpreise eine recht ordentliche ist. Allerdings war den Mitgliedern des Zornedinger Finanzausschusses schnell klar, dass dieser Effekt im nächsten Jahr wohl kaum erneut auftreten dürfte. "Es ist toll, aber eben dem geschuldet, dass wir vorsichtig geschätzt haben", sagte Franz Lenz (Freie Wähler) über die überraschend hohen Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Er plädierte deshalb dafür, auch im kommenden Jahr eher vorsichtig zu planen.

Dass die Entwicklung der Gemeindefinanzen "kein Anlass zu Euphorie" ist, bekannte auch Bürgermeister Mayr. Vor allem, weil gerade die Gewerbesteuer seit jeher ein wunder Punkt im Zornedinger Finanzsystem ist, oder wie Siad-Matthias Abdin-Bey (FDP) sagte: "Wir sind gewerbemäßig im Vergleich zu den umliegenden Kommunen zu schlecht aufgestellt." Auch Mayr sagte, dass in der Gemeinde eher Firmen abwandern würden, als sich hier neu anzusiedeln. Die Hoffnung, dass der Erlös aus der Gewerbesteuer nun auch die künftigen Haushalte retten wird, dürfte sich also kaum erfüllen.

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