Süddeutsche Zeitung

Energiewende im Landkreis:Ebersberg schafft Platz für Windräder

Lesezeit: 3 min

Die Kreisstadt unternimmt den nächsten Schritt zum Ausbau der Windkraft - ein erstes Projekt ist bereits in Vorbereitung.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Genau ein Windrad gibt es derzeit im Landkreis, jenes in Hamberg bei Bruck - das nächste könnte südlich der Stadt Ebersberg entstehen. Ähnlich wie in der Gemeinde Bruck wollen auch hier mehrere Landwirte aus der Umgebung gemeinsam ein Windrad betreiben. Die Stadt will nun prüfen, ob man dafür die Flächennutzungspläne früher ändern kann, als dies bisher geplant war.

Dies hat der Technische Ausschuss des Stadtrates am Dienstag beschlossen. Dort stand das Standortkonzept für Windkraft auf der Tagesordnung - und einer dieser Standorte ist eben das Gebiet zwischen den vier Ortschaften Englmeng, Pollmoos, Traxl und Rinding, in dem das Windrad entstehen könnte. Einer, der sich dafür einsetzt, ist Johann Fuchs aus Pollmoos. Er meldete sich in der Bürgerfragerunde vor der Sitzung zu Wort und plädierte dafür, die Potenzial-Flächen für Windkraft möglichst weiträumig zu fassen. Denn nur durch eine gewisse Flexibilität bei der Planung sei der Bau eines Windrades überhaupt möglich.

Die Anwohner sind aufgeschlossen

Ohnehin stehe noch kein Standort fest und das ganze Vorhaben sei noch sehr am Anfang, erklärt Michael Höher am Mittwoch auf Nachfrage. Auch er gehört zu den Initiatoren des Projekts, das eines mit Bürgerbeteiligung werden soll. Bei den Bewohnern der umliegenden Ortschaften habe man sich bereits erkundigt, was diese von einem Windrad halten. Die Resonanz sei sehr positiv gewesen, sagt Höher, auch was mögliche Beteiligungen betrifft. Der Plan ist, dass man solche zunächst den Nachbarn des Windrades anbietet, ob auch andere Ebersberger einsteigen können, müsse man noch überlegen. Wie auch noch vieles andere, "es sind noch viele Hürden zu überwinden", sagt Höher - der Standort ist eine davon.

Dieser ergibt sich letztlich aus dem bereits Ende August im Ferienausschuss vorgestellten Konzept, dieses enthält drei Varianten mit unterschiedlichen Abständen zur nächsten Wohnbebauung. Allen gemein ist, dass sie vor allem im Norden Richtung Forst und im Südosten bei Traxl die größten Potenziale sehen. Auf Anregung des AK Energiewende hatten die Planer damals auch für jede Variante ausgerechnet, wie viele Windräder theoretisch Platz finden könnten: Demnach wären es für die großzügigste Variante bis zu 52 Standorte, bei der zurückhaltendsten wären immer noch 27 möglich.

Eine Berechnung, wie viele Windräder möglich wären, hat viel Aufregung verursacht

Diese Zahlen haben offenbar für gehörige Aufregung gesorgt. In der aktuellen Sitzung des Technischen Ausschusses bemühten sich Planer und Stadtverwaltung zu versichern, dass die Maximalwerte bei weitem nicht erreicht würden. Ohnehin, so Planer Jeroen Erhardt vom von der Stadt beauftragten Büro Markert, sei man in der ersten Version von zu kleinen Anlagen ausgegangen. Damals hatte man die Abstände auf Basis eines inklusive Rotor 220 Meter hohen Windrades mit 140 Meter Rotordurchmesser berechnet, moderne Anlagen seien aber rund 25 Meter höher und hätten einen bis zu 20 Meter größeren Rotordurchmesser. Dadurch erhöhten sich die Abstände sowohl zur Bebauung als auch zwischen den Windrädern, so dass eher - je nach Variante - eine Zahl zwischen 34 und 15 Anlagen realistisch sei.

Was, wie Bürgermeister Ulrich Proske (parteilos) erklärte, nicht heiße, dass auch nur annähernd so viele Windräder gebaut würden. "Wenn wir in den kommenden Jahren bei zwei bis drei landen, können wir und glücklich schätzen." Grünen-Stadträtin Susanne Schmidberger ergänzte, würde man den gesamten Strombedarf der Stadt aus Windkraft decken wollen, ergäbe das rechnerisch acht Anlagen "und mehr sollten es auch nicht werden".

Nicht alle Flächen in der Planung sind nutzbar

Laut den Planern seien zudem manche Flächen gar nicht bebaubar, andere sind schwer oder gar nicht zu erreichen, wieder andere seien durch die Topografie - etwa wegen einer Tallage - für Windräder ungünstig. Planer Adrian Merdes verwies zudem noch auf den Artenschutz. Vergangene Untersuchungen im Ebersberger Gemeindegebiet hätten gezeigt, dass an einigen Stellen durchaus Konflikte zu erwarten seien. Genaueres soll eine Prüfung ergeben, die im kommenden Frühling begonnen wird.

Damit dieser Zeitplan auch eingehalten werden kann, plädierte Martin Schechner (CSU) dafür, den Planern bereits jetzt mitzuteilen, welche der Varianten sie weiter untersuchen sollen. Ursprünglich geplant war lediglich eine Klärung offener Fragen. Schechner sprach sich außerdem für die weitreichendste Planung aus. Bei den anderen Varianten "würden wir ausgerechnet die Möglichkeiten derer begrenzen, die jetzt schon ein Windrad bauen wollen". Sowohl für den vorgezogenen Beschluss, wie für die vorgeschlagene Variante gab es viel Zustimmung. Gegenrede - und letztlich die einzige Gegenstimme - kam von Gerd Otter (Pro Ebersberg). Er mahnte eine kleinteiligere Planung an. So seien etwa Aspekte wie Landschaftsbild und Sichtachsen noch zu wenig berücksichtigt.

Zusammen mit dem Beschluss für Variante eins wurde auch beschlossen zu prüfen, ob das Windrad bei Pollmoos in einem getrennten Verfahren genehmigt werden kann, was die Sache beschleunigen könnte. Für Michael Höher ist der Beschluss des Ausschusses auf jeden Fall positiv, nun könne man in die Planung einsteigen und etwa konkrete Gespräche mit Grundeigentümern führen. Dennoch dürfte es noch einige Zeit dauern, bis sich im Ebersberger Süden das dann vielleicht zweite Windrad des Landkreises dreht: Im kommenden Jahr würde die Artenschutzprüfung stattfinden, sagt Höher, im Jahr darauf dann Vorbereitung und Bau, wenn alles sehr gut laufe, sei 2025 mit der Inbetriebnahme zu rechnen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5657251
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.