Süddeutsche Zeitung

Neue Verbindungen geplant:Totgesagte radeln länger

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Zwei wichtige Radwegprojekte im Landkreis Ebersberg, die eigentlich schon vor dem Aus standen, nehmen wieder Fahrt auf.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Wer mit dem Rad anstatt mit dem Auto unterwegs ist, tut der Natur eigentlich etwas Gutes. Es wäre aber just jener Schutz der Natur gewesen, der zwei zentrale Radwegprojekte im Landkreis Ebersberg fast verhindert hätte. Sowohl die Verbindung zwischen Schwaberwegen und Anzing als auch der Radweg von Grafing-Bahnhof über Moosach nach Glonn standen bereits kurz vor dem Aus - bei beiden Projekten gab es naturschutzrechtliche Bedenken. Weil die Verbindungen aber so wichtig für das Radwegenetz im Landkreis sind, hat die Verwaltung am Landratsamt nicht aufgegeben und nach Lösungen gesucht. In einem Fall ist man bereits fündig geworden.

Der rund 3,25 Kilometer lange Radweg von Anzing nach Schwaberwegen soll nun doch gebaut werden. Danach sah es zuletzt nicht aus, denn entlang der ehemaligen Bundesstraße stehen viele schützenswerte Hecken, die für die Verbindung hätten gerodet werden müssen. Es habe zwischenzeitlich sogar die Überlegung gegeben, die komplette Straße für den Bau des Radwegs zu verlegen, wie Martin Riedl vom Landratsamt in der jüngsten Sitzung des Kreis-Umweltausschusses sagte. Diese Idee habe man angesichts der hohen Kosten jedoch schnell wieder verworfen.

Vor allem dem Einsatz von Bürgermeisterin Kathrin Alte aus Anzing und ihrem Forstinninger Amtskollegen Rupert Ostermair war es deshalb zu verdanken, dass der Radweg wohl doch gebaut werden kann. Die Rathauschefs haben sich direkt an das bayerische Bau- und das Umweltministerium gewandt - und von höchster Stelle grünes Licht bekommen. "Sofern eine Rodung der Gehölzbestände erfolgen muss, sind unter Festlegung von Kompensationsmaßnahmen entsprechend den betroffenen gesetzlichen Vorschriften, Befreiungen bzw. Ausnahmen durch die zuständige Behörde zu erteilen", schreibt Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) an die beiden Bürgermeister.

Konkret heißt das: Wird für ausreichend Ersatz in Bezug auf die Hecken gesorgt, kann der Radweg gebaut werden. Doch damit nicht genug, denn der Freistaat legt gleich noch eine Förderung von 1,95 Millionen Euro für das Projekt obendrauf, 1,3 Millionen Euro muss der Landkreis selbst zahlen. Baubeginn soll im kommenden Jahr sein. Das freut natürlich auch den Chef der Ebersberger Kreisbehörde, Landrat Robert Niedergesäß (CSU). Die Strecke zwischen Anzing und Schwaberwegen sei derzeit keine, auf der man seine Kinder morgens zur Schule fahren lassen möchte, sagte er im Umweltausschuss. "Die Verbindung ist sehr wichtig, was die Stärkung des Radverkehrs in der Region betrifft."

Gleiches gilt für ein weiteres Projekt, für das es zuletzt ebenfalls nicht allzu gut aussah: der Radweg von Grafing-Bahnhof über Moosach nach Glonn. Ursprünglich war angedacht, die Route über den ehemaligen Bahndamm verlaufen zu lassen, der allerdings als Biotop klassifiziert und damit besonders schützenswert ist. Vor allem AfD-Kreisrat Manfred Schmidt hatte deshalb alle Hebel in Bewegung gesetzt, den Radverkehr auf dem Bahndamm zu verhindern - und sogar eine Aufsichtsbeschwerde beim Umweltministerium eingereicht. Dort hat man Schmidt schließlich auch recht gegeben: Man werden beim Landratsamt auf die Durchsetzung des Fahrradverbots hinwirken, heißt es in einem Schreiben aus dem Ministerium.

Komplett aufgeben möchte man in der Kreisbehörde aber auch dieses Projekt nicht. "Der Landkreis plant weiterhin die Herstellung einer Radwegeverbindung zwischen Grafing-Bahnhof und Glonn", so eine Stellungnahme der Verwaltung. Die Route solle nun aber "entlang der Achse des alten Bahndamms" verlaufen, nicht mehr direkt darauf. Derzeit werde an einer Lösung gearbeitet, noch sei allerdings nichts spruchreif, wie Landrat Niedergesäß dazu sagte. Diese Kurskorrektur des Landkreises gefällt jedoch nicht jedem. "Anderswo in Deutschland werden Fahrradwege auf alten Bahndämmen als Erfolg gefeiert, nur im Landkreis Ebersberg ist das ein Problem", schimpfte der Glonner Bürgermeister und CSU-Kreisrat Josef Oswald im Umweltausschuss - und schob in Richtung Manfred Schmidt hinterher: "Man sieht ja, wo das Problem sitzt."

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