Süddeutsche Zeitung

Film "Die Arier":Die richtigen Fragen stellen

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Rechtsradikale Demonstranten, Ku-Klux-Klan-Mitglieder und Neonazi Tom Metzger: lauter Personen, die mit Rassismus und Gewalt assoziiert werden. Regisseurin Mo Asumang hat mit ihnen gesprochen. Warum? Sie will wissen, was "Arier" sind.

Von Johanna Schlemmer

Schon 2014 setzte sich Mo Asumang in ihrem Dokumentarfilm "Die Arier" mit Rassismus auseinander. Die Hochschule München für Film und Fernsehen zeigt ihn nun erneut. Denn fast zehn Jahre später ist das Thema noch brennend aktuell.

"Auch heute noch fehlt oftmals der Dialog, um zu klären: ,Warum sagst du das denn? Welche Ideologie steckt dahinter?' Das fehlt uns in der Gesellschaft", sagt Mo Asumang. Bekannt geworden durch die Erotik-Sendung "Liebe Sünde", hatte sie als eine der ersten afrodeutschen Moderatorinnen mit Anfeindungen zu kämpfen. Eine an sie gerichtete Morddrohung der Band White Aryan Rebels bewog Mo Asumang, den Film zu drehen. Erstmals fragt sie sich: "Was bedeutet arisch?" Sie will Rassismus verstehen. Dabei geht sie der Frage auf den Grund: Was steckt hinter der Ideologie des "Herrenmenschen"?

Auch aufgrund ihrer Familiengeschichte hat die Regisseurin und Autorin ein starkes Bedürfnis, für Gleichberechtigung zu sorgen. Zu Beginn des Films vergleicht sie Porträtbilder ihrer Großeltern. Sie wird von ihrer Oma Charlotte großgezogen - eine Schreiberin bei der SS. Ihr Opa trägt drei Hakenkreuze auf der Militäruniform. Sie gelten als "Arier". Im Gegensatz dazu lächeln die Eltern von Mo Asumangs Vater in die Kamera. Sie kommen aus Ghana. Größer könnte der Kontrast kaum sein.

"Bin ich weniger wert? Weniger wert als ein weißer Mensch?", fragt sich Mo Asumang. In dem Dokumentarfilm stellt sie den rechtsradikalen Demonstranten die Fragen: "Was wollen Sie bewirken? Wie sieht Ihr zukünftiges Deutschland aus?" Sie kehren ihr den Rücken zu, geben keine Antwort, oder wenn eine kommt, lautet sie: "Gehen Sie nach Afrika zurück!" Auf ihren Plakaten steht groß und deutlich: "Die Schonzeit ist vorbei, Nationalsozialismus muss sich durchsetzen". Nebenher laufen kleine Kinder ahnungslos mit.

Mo Asumang sprach in dem Film mit Esther Bejarano - eine deutsch-jüdische Überlebende des KZ Auschwitz-Birkenau. "Man sollte das Wort ,Arier' gar nicht mehr in den Mund nehmen", so die damals 90-Jährige. Von Rechtsradikalen wird sie "Auschwitz-Oma" genannt. Sie erzählt von der Ermordung ihrer Familie und warum sie nicht verzeihen kann.

Für ihre Recherche fliegt Mo Asumang in die USA. Dort trifft sie sich mit Tom Metzger, Gründer der "White Aryan Resistance Group". Laut ihm seien Menschen Tiere, die um das Überleben kämpfen. Menschen wie Mo Asumangs Vater hätten die Gene "der reinen Arier" entführt. Trotzdem umarmt er sie zum Abschied. Kurz darauf trifft sie sich mit einem Mitglied des Ku-Klux-Klans. Er lässt auf sich warten. Der Treffpunkt ist ein Parkplatz, verlassen und im Dunkeln. "Ich bin kein Rassist", behauptet er.

2022 gründete Mo Asumang zusammen mit Frank Lab­itz­ke den Verein "Mo:Lab e.V.". Mit dem sogenannten "Mo:Lab"-Dialogprinzip bilden sie Trainer aus und zeigen, wie man in einem solchen Dialog ruhig bleibt und die richtigen Fragen stellt. "Meine Devise lautet: Nicht anklagend, nicht wertend zu sein", sagt die Regisseurin.

"Die Arier", Dokumentarfilm von Mo Asumang, Di., 12.12., 17.30 Uhr, Hochschule für Film und Fernsehen, Bernd-Eichinger-Platz 1

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