Süddeutsche Zeitung

Diät:Sind Sie's wirklich?

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Der CSU-Bundestagsabgeordnete Alexander Radwan hat in den vergangenen Jahren mehr als 40 Kilo abgenommen. Ständig wird er darauf angesprochen - häufiger als auf seine politischen Ziele

Interview von Florian Zick, Wolfratshausen

Ein Nachmittag in der Klosterwirtschaft in Benediktbeuern. Alexander Radwan sitzt auf einer Bierbank. Wer ihn länger nicht gesehen hat, wird ihn kaum erkennen: Früher war der CSU-Bundestagsabgeordnete deutlich runder. An diesem Tag hat den 54-Jährigen zwar noch niemand auf seine Figur angesprochen. Aber wenn Radwan in der Region unterwegs ist, ist das schon immer noch das beherrschende Thema. Nicht das Neueste aus dem Verkehrsausschuss, nicht sein Einsatz gegen den Rechtspopulismus - was die Leute zuallererst interessiert, ist, wie er in kurzer Zeit so viel Gewicht verloren hat. Ein Gespräch über die Wahrnehmung von Politik - und über Radwans persönliches Diät-Geheimnis.

SZ: Herr Radwan, lassen Sie uns mit einer indiskreten Frage einsteigen: Wie viel wiegen Sie?

Alexander Radwan: ( lacht) Das wollen Sie wirklich wissen?

Sie müssen doch sonst auch immer zuallererst über Ihr Gewicht reden.

Also, momentan bin ich bei zwei Zentnern - plus minus. Damit bin ich noch weit weg davon, unterernährt zu sein. Ich wiege mich auch tatsächlich noch jeden Tag, aber rein aus Gewohnheit. Es ist jetzt nicht so, dass ich mit Panikattacken vor der Waage stehen würde.

Stört es Sie, dass Sie ständig auf Ihr Gewicht angesprochen werden?

Es stört mich nicht, nein. Aber mich hat mein Gewicht nie wirklich belastet. Wenn mich meine Pfunde gestört hätten, hätte ich schon 30 Jahre früher abgenommen. Aber man merkt durch die vielen Gespräche schon, dass die Leute sich Gedanken machen. In der härtesten Diät-Phase kam da schon auch ab und zu die Frage nach meiner Gesundheit. Es ist sicherlich das Thema, auf das ich immer noch am meisten angesprochen werde.

Sie haben mal gesagt, Sie nutzen diese Gelegenheit immer, um mit den Leuten auch politisch ins Gespräch zu kommen.

Na ja, dass ich immer auf mein Gewicht angesprochen werde, führt einem halt vor Augen, was in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Dadurch, dass mich niemand danach gefragt hat, was bei mir eigentlich gerade in den Ausschüssen los ist, habe ich gemerkt: Ups, so ein Politiker - ein Volksrepräsentant - hat offenbar noch ganz andere Merkmale. Da muss man dann natürlich versuchen, Dinge so zu kommunizieren, dass sie auch ankommen. Und wenn meine Figur das Erste ist, was die Menschen von mir wahrnehmen, dann versuche ich es eben über diesen Weg.

Wie viel Gewicht haben Sie eigentlich verloren?

In der Spitze waren das gut 43 Kilo - und das in anderthalb Jahren. Ich habe in der Fastenzeit 2014 mit einer Diät begonnen. Inzwischen habe ich drei, vier Kilo wieder drauf. Die versuche ich jetzt über die Sommerpause wieder herunterzubekommen. Obwohl das mit der Bewegung in Berlin ein bisschen einfacher ist. Zwischen meiner Wohnung und dem Reichstag sind es nicht ganz fünf Kilometer. Und wenn nicht gerade Schnee liegt oder es schüttet, fahre ich immer mit dem Rad - das ist also schon ein bisschen was. Und ich habe in Berlin die Regel: keine Aufzüge.

Und wenn der Termin jetzt irgendwo im 15. Stock ist?

Dann gibt es auch da Ausnahmen. Aber der Fraktionssaal ist unter der Kuppel. Das gehe ich schon jedes Mal. Das ist der vierte Stock.

Wie sind Sie ursprünglich zum Abnehmen gekommen?

Das hat sich so ergeben. Das hatte gar nicht so sehr mit meiner Figur zu tun, mein Antrieb war da eher spirituell. Ich wollte mal bewusst auf etwas verzichten. Das habe ich dann zur Fastenzeit angefangen. Bis dahin war ich ein richtiger Kohlenhydrate-Junkie. Brezn, Brot, Nudeln, Pizza - das war einfach meins. Darauf habe ich dann verzichtet. Nach 18 Uhr keine Kohlenhydrate mehr, nach 20 Uhr gar nichts mehr.

Und das hat gewirkt?

Ja. Ich habe dann eine Zeit lang gar keine Kohlenhydrate mehr gegessen - gar nicht bewusst, ich hatte einfach keine Lust mehr darauf. Obst und Joghurt - all diese Sachen haben mir viel besser geschmeckt. Das hat sich zum Glück für mich so ergeben, es war also gar keine große Willensleistung. Ich musste mich nie beherrschen, meinem Sitznachbarn nicht das Schnitzel vom Teller zu reißen. Es war eher umgekehrt: Ich habe Leute neben mir mit einem Genuss essen gesehen und war froh, das nicht selbst essen zu müssen.

Als Politiker ist das aber wahrscheinlich recht schwer, abends gar nichts mehr zu essen - bei den vielen Terminen mit Buffet und Catering.

Nein, nein. Das ist alles machbar. Nachdem ich jetzt schon viel Gewicht verloren habe, ist auch nicht mehr alles ganz so streng. Und ich kenne auch meine Gefahrenstellen - da achte ich natürlich drauf.

Dass Sie überhaupt so zugelegt haben: Hatte das eigentlich mit den Ernährungsgewohnheiten als Politiker zu tun?

Nein, das war einer gewissen Laxheit geschuldet. Ich war als Kind schon recht korpulent. Während meine Mutter ihr zweites Staatsexamen gemacht hat, war ich mit vier Jahren einige Zeit bei meiner Oma. Und die Oma hat den kleinen Buben ordentlich gefüttert. Damals gab es noch ein Zuckerbrot - also ein Butterbrot mit Zucker drauf. Meine Großeltern waren eben noch die Kriegsgeneration. Da war Essen, da war Sattsein wichtig. Die würden die heutige Diskussion um Ernährung nicht verstehen. Die waren froh, wenn sie überhaupt etwas im Magen hatten. Aber natürlich, bei der Ernährung von Politikern, da könnte man schon noch etwas machen.

Und wie?

Na ja, da stehen immer belegte Semmeln herum. Eigentlich wäre es eine Banalität, da einen Obstkorb hinzustellen. Passiert aber nicht. Warum kann man bei Besprechungen nicht ein paar Birnen oder Äpfel hinstellen? Wir haben so schönes heimisches Obst. Bei den Sitzungen der CSU-Landesgruppe am Montagabend sind alle immer ganz neidisch auf mich. Da bekomme ich als einziger, weil ich es von Anfang an so wollte, einen Teller voll Obst hingestellt.

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Quelle:
SZ vom 20.08.2019
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