Süddeutsche Zeitung

Festival:Starke Frauen und reine Männersachen

Lesezeit: 1 min

Die dritte Ausgabe von "Bayreuth Baroque" steht im Zeichen der römischen Oper und bringt Leonardo Vincis "Alessandro nell'Indie" erstmals nach fast 300 Jahren wieder uraufführungsgetreu auf die Bühne.

Von Jutta Czeguhn, Bayreuth

Ein neues Klassik-Festival in die Welt zu bringen, ist an sich schon ein ziemlich wahnsinniges Unterfangen. So war es im ersten Corona-Sommer 2020, als andere Festivals - auch das berühmte im benachbarten Festspielhaus - abgesagt wurden, ein kleines Wunder, dass die Macher von "Bayreuth Baroque" ihr Ding durchzogen. Und zwar live, jeweils 200 Zuschauer durften die Aufführungen im sagenhaft schönen Markgräflichen Opernhaus erleben. Der September drauf war zwar immer noch pandemisch, immerhin aber konnte man im Bayreuther Unesco-Weltkulturerbe im Schachbrettmuster sitzen und einem wie Countertenor-Star Jakub Józef Orliński lauschen, das blaue 3-G-Zugangsbändchen am Handgelenk. Die dritte Festivalauflage heuer vom 7. bis 18. September könnte das erste "normale" Jahr für die Bayreuther werden.

Exzeptionell ist jedoch wieder das Programm, das Countertenor Max Emanuel Cencic, der künstlerischer Leiter des Festivals, jetzt vorgestellt hat und das ganz im Zeichen der römischen Oper stehen wird. Selbst weitgereisten Connaisseuren der Barockmusik dürfte das noch nicht zu Ohren gekommen sein: Cencic, der heuer sein 40-jähriges Bühnenjubiläum feiert, wagt sich an eine Neuinszenierung von Leonardo Vincis "Alessandro nell'Indie". Die Oper wird erstmals seit beinahe 300 Jahren wieder vollständig zu hören sein, uraufführungsgetreu in reiner Männerbesetzung, unter anderem mit Franco Fagioli und Bruno de Sá. Es musizieren das diesjährige Residenzorchester, das {oh!} Orkiestra aus Kattowitz, und der Chor des Bayreuth Baroque Opera Festivals. Die musikalische Leitung hat Martyna Pastuszka. Drei weitere theatralisch-konzertante Aufführungen präsentiert das Festival: "Il Nascimento dell'aurora" von Tomaso Albinoni, Giovanni Bononcinis "Griselda" und das Oratorium "San Giovanni Battista" von Alessandro Stradella, ebenfalls in reiner Männerbesetzung.

Und wo bleiben die Frauen, schließlich lassen sie sich, anders als zu Vincis Zeiten, nicht mehr durch ein Papst-Dekret von der Bühne verbannen? Zwei große Stimmen werden in Bayreuth in Solokonzerten zu hören sein: Jeanine De Bique singt Arien aus ihrem Debütalbum "Mirrors", und Julia Lezhneva Werke von Nicola Antonio Porpora, dem gefürchteten Gesangslehrer von Kastratenstar Farinelli.

Bayreuth Baroque Opernfestival, vom 7.-18. September, Karten unter www.bayreuthbaroque.de

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5559797
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.