Süddeutsche Zeitung

Waffenlieferungen:Geht doch

Lesezeit: 1 min

Plötzlich ist möglich, was eben noch als unmöglich galt: Die Liste der deutschen Rüstungsgüter für die Ukraine wird veröffentlicht.

Von Paul-Anton Krüger

Wann immer die Bundesregierung nach dem neuerlichen russischen Überfall auf die Ukraine nach Waffenlieferungen dorthin gefragt wurde, folgte: verdruckstes Schweigen. Aus Sicherheitsgründen könne man dazu nichts sagen, war die Linie, als liefere man Putin Zielkoordinaten für Raketenangriffe, wenn man über Stückzahlen oder Typen von Waffensystemen spricht. So sensibel waren die Daten, dass sie nur ausgewählte Abgeordnete in der Geheimschutzstelle des Bundestags zu Gesicht bekamen. Konfrontiert mit dem transparenten Vorgehen der USA mit der militärischen Unterstützung für die Ukraine, konterte das Bundesverteidigungsministerium empört mit Vermerken aus Kiew. Berlin komme lediglich Wünschen der dortigen Regierung nach Geheimhaltung nach, so die Botschaft.

In der Debatte, ob Deutschland angemessene Waffenhilfe leiste, philosophierte das Verteidigungsministerium darüber, ob deren Dimension in Euro zu bemessen sei oder - ernsthaft - nach Gewicht der Lieferungen. Da kam Deutschland am besten weg im internationalen Vergleich. Nicht jeder im Bundeskabinett goutierte diese Kommunikationsstrategie, mit der die Regierung schwer in die Defensive geriet. Außenministerin Baerbock ratterte, zu Recht genervt, die Posten im Bundestag herunter. Kanzler Olaf Scholz tat es ihr dann gleich in der Haushaltsdebatte.

Nun also die überfällige Kehrtwende. Seit Dienstag ist im Internet zu lesen, was Deutschland der Ukraine an Waffen, Munition, Rüstungsgütern liefert. Als einzige Begründung führt die Regierung an, ihr Verfahren dem Vorgehen der Verbündeten anzupassen - jenes Argument, das vor Kurzem nicht gelten sollte. Das Timing legt die Vermutung nahe, dass es auch darum geht, der Union vor der Bundestagsdebatte an diesem Mittwoch den Wind aus den Segeln zu nehmen und den Boden für den G-7-Gipfel zu bereiten. Der Schaden für Glaubwürdigkeit der Bundesregierung ist allerdings angerichtet - und trotz der richtigen Entscheidung beträchtlich.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5606637
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.