Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Samthandschuh

Ein Kleidungsstück, das einst den Status des Besitzers oder der Besitzerin unterstrich. Und das auch als Redewendung überlebt hat.

Von Johanna Pfund

Es gibt kaum ein Kleidungsstück, das so unterschätzt wird wie der Handschuh. Erst an eisig kalten Wintertagen wird Spaziergängern oder Radfahrern bewusst, welch praktischen Nutzen es doch hat. Dabei diente es lange vorrangig als Statussymbol und modisches Accessoire, im alten Ägypten sollen Pharaonen Handschuhe getragen haben. Vollends zur Signatur der Reichen und Mächtigen wurde die meist aus Leder, Leinen oder Seide gefertigte Handbekleidung im Mittelalter. Aus Samt wurde sie erst in der Renaissance gefertigt, als man in Italien begann, den weichen, schimmernden Stoff in größeren Mengen herzustellen. Der Begriff Samt verweist auf die Herstellung: Der Stoff wird sechsfädig gewebt, vom altgriechischen Wort "hexamitos" blieb "Sammet" oder eben Samt. Die Redewendung, jemanden mit Samthandschuhen anzufassen, verweist also auf Behutsamkeit. Davon will die CSU nach der Landtagswahl nichts mehr wissen, wenn es um den alten und designierten neuen Koalitionspartner Freie Wähler geht: Man müsse im Umgang mit ihm die Samthandschuhe ablegen, fordert CSU-Vizechef Manfred Weber. Wenn das nicht mal auf eine andere Symbolik des Handschuhs verweist: Den warf man früher dem Gegner hin, wenn man ihn zum Duell aufforderte.

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