Süddeutsche Zeitung

Fall Nüßlein:Zum Schaden aller

Die Vorwürfe gegen den CSU-Politiker erschüttern das Vertrauen in die Redlichkeit von Abgeordneten. Egal, wie der Fall ausgeht: Jetzt müssen die Regeln über Nebeneinkünfte endlich verschärft werden.

Kommentar von Robert Roßmann, Berlin

Es sind Vorwürfe, die das Vertrauen in die Redlichkeit von Abgeordneten zutiefst erschüttern können. Eine Firma von Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein soll einen Maskenhersteller an Ministerien vermittelt und dafür 660 000 Euro kassiert haben. Nüßlein soll also bei der Beschaffung lebensrettender Masken zuerst an seine Geldbörse gedacht - und nebenbei auch noch seine Steuerpflicht vergessen haben. Natürlich gilt auch in diesem Fall die Unschuldsvermutung. Aber die Wirkung des Falles ist desaströs.

Während die Bundesregierung darum ringt, in der Pandemie das Vertrauen der Bürger nicht zu verlieren, soll der Gesundheitspolitiker Nüßlein vor allem an die Gesundheit seiner Finanzen gedacht haben. Und statt sich um schnelle Aufklärung zu bemühen, tauchte er erst einmal ab. Der CSU-Politiker schadet damit dem Ansehen des gesamten Parlaments.

Egal, wie der Fall ausgeht: Er wirft auch ein Licht darauf, wie lax die Regeln im Bundestag immer noch sind. Kaum etwas würde mehr gegen unredliche Nebeneinkünfte helfen als Transparenz. Doch Verstöße gegen die Regeln werden watteweich geahndet. Abgeordnete müssen Nebeneinkünfte innerhalb von drei Monaten angeben. Doch wer diese Frist ignoriert, wird zunächst nur intern ermahnt. Und wer, wie der CSU-Abgeordnete Max Straubinger, 19-mal dagegen verstößt, bekommt lediglich eine öffentliche Rüge. Nur ein einziges Mal in dieser Legislaturperiode wurde ein Ordnungsgeld verhängt. Der Fall Nüßlein muss dazu führen, dass diese Regeln jetzt endlich verschärft werden.

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