Süddeutsche Zeitung

Hohe Energiepreise:Heil macht es zu kompliziert

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Der Arbeitsminister möchte ein "soziales Klimageld" einführen und damit weniger vermögende Haushalte entlasten. Das klingt gut und gerecht - wirft aber etliche neue Fragen auf.

Kommentar von Michael Bauchmüller, Berlin

Keine Frage, die Schwächsten brauchen in diesen Tagen die stärkste Entlastung. Teure Energie, steigende Lebensmittelpreise - die Inflation trifft diejenigen am härtesten, die schon vorher jeden Cent zweimal umdrehen mussten; manchen droht der Absturz in die Armut. Hier schnell mit staatlichen Transfers gegenzusteuern, ist dringend geboten. Dazu aber ein "soziales Klimageld" einführen zu wollen, wie Arbeitsminister Hubertus Heil das vorschlägt, ist keine so gute Idee.

Das Klimageld, wie es bisher geplant ist, soll die Einnahmen aus der CO2-Abgabe an die Bürgerinnen und Bürger zurückverteilen - und zwar so, dass jede und jeder dasselbe bekommt. Das hat schon in sich eine soziale Komponente: Denn wer ein großes Verbrenner-Auto fährt und daheim viele Zimmer, die Sauna oder gar ein Schwimmbad beheizen darf, zahlt auch mehr CO2-Abgabe. Wer mit seiner Familie dagegen vergleichsweise bescheiden leben muss, erhält in den meisten Fällen mehr zurück, als er für seinen fossilen Verbrauch an Abgabe zahlen muss. Auch wer klimafreundlich lebt, profitiert. Mit planvoll steigenden Preisen für den Kohlendioxid-Ausstoß wird das Instrument immer wichtiger.

Dieses Prinzip ist bestechend, und deshalb sollte die Ampel auch rasch alle Hürden aus dem Weg räumen. Doch Heils Vorstoß verkompliziert die Dinge. Er will das Klimageld nur denjenigen zahlen, die nicht so viel verdienen. Das klingt gerecht, wirft aber etliche neue Fragen auf. Wo genau ist die Grenze? Braucht es nicht fairerweise eine Staffelung nach vielen kleinen Einkommensgruppen, wie bei der Lohn- und Einkommensteuer? Heil mag es gut gemeint haben. Doch für die Dämpfung sozialer Härten bedarf es weiterhin der Sozialpolitik, dazu taugt ein Klima- oder Energiegeld nur sehr bedingt. Mehr noch: Die Koalition muss aufpassen, dass die Überfrachtung eines so simplen Instruments dessen Erfolgsaussichten nicht gefährdet.

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