Süddeutsche Zeitung

EU:Ziel: Autokratie

Polen und Ungarn zeigen wieder einmal ihre Geringschätzung für die rechtsstaatlichen Prinzipien der EU.

Von Florian Hassel

Auf den ersten Blick sind die Klagen Polens und Ungarns gegen die Geld-gegen-Rechtsstaat-Klausel der EU nur politische Routine. Schließlich wurde beim EU-Gipfel im Dezember vereinbart, die Klausel werde - trotz zuvor erfolgter Prüfungen - erst angewendet, wenn der Gerichtshof der Europäischen Union sie billige. Tatsächlich aber gab dieses Manöver Grundprinzipien von Gesetzgebung preis, um den Haushalt zu retten. Und es bewahrte die Regierungen in Ungarn und Polen vor Kürzungen und dem Zorn ihrer Wähler.

Die Klagen und ihre Begründungen sind eine erneute Absage an die Grundwerte der EU und die Bindung an rechtsstaatliche Prinzipien. Warschau attackiert die EU auch ansonsten gerne: Das nur noch als Attrappe dastehende polnische Verfassungsgericht soll bald prinzipiell befinden, dass EU-Recht im Zweifel nichts, polnisches Recht - oder besser: das, was die Regierung dafür befindet - alles bedeutet.

Es ist ein Sieg der Hardliner, PiS-Parteichef Jarosław Kaczyński und Justizminister Zbigniew Ziobro. Sie verkaufen Widerstand gegen die EU als Widerstand gegen angebliche Übergriffe auf polnische Kultur, Religion, Traditionen und den Staat an sich, haben aber nur ein Ziel: die Reste des Rechtsstaats zu beseitigen, um ungestört autokratisch zu regieren.

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