Süddeutsche Zeitung

CDU:Partei der Eigenwehr

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Friedrich Merz taktiert über das Maß hinaus - und riskiert damit, dass eine bessere Ausstattung der Bundeswehr scheitert.

Kommentar von Robert Roßmann

Dass Friedrich Merz genervt ist, kann man verstehen. Die Ampelkoalition hat sich bisher nicht durch einen besonders aufmerksamen Umgang mit der Opposition hervorgetan. Die Regierung ist erst gut hundert Tage im Amt, tritt manchmal aber schon so arrogant auf wie die große Koalition nach 16 Jahren. Das ist auch deshalb erstaunlich, weil die Ampel bei zentralen Projekten - der Impfpflicht und den Extramilliarden für die Bundeswehr - auf Stimmen aus der Opposition angewiesen ist. Normalerweise umwirbt man den, dessen Unterstützung man braucht.

Dass Merz jetzt genervt erklärt hat, seine Unionsfraktion sei nicht die Ersatzbank der Regierung, auf die der Kanzler beliebig zurückgreifen könne, wenn er keine eigene Mehrheit habe, war deshalb richtig. Richtig ist aber auch, dass der CDU-Chef anschließend weit über das Ziel hinausgeschossen ist.

Die Idee des CDU-Chefs ist nicht durchdacht

Für das von Olaf Scholz angekündigte "Sondervermögen Bundeswehr" muss das Grundgesetz geändert werden. Dafür ist eine Zweidrittelmehrheit nötig - also auch die Zustimmung von Unionsabgeordneten. Weil es in Teilen der SPD und der Grünen Vorbehalte gegen die 100 Extramilliarden gibt, hat Merz jetzt angekündigt, dass nur so viele Unionsabgeordnete an der Abstimmung teilnehmen werden, wie für die Zweidrittelmehrheit nötig sind. Das heißt: Alle Ampelabgeordneten müssten zustimmen.

Die Intention ist klar: Merz will die Unstimmigkeiten in der Ampel offenlegen. Doch er hat nicht bedacht, was seine Ankündigung in der Praxis bedeutet. Wie will er die Unionsabgeordneten auswählen, die an der Abstimmung teilnehmen dürfen? Wie will Merz das mit dem freien Mandat vereinbaren? Und was passiert, wenn die Grundgesetzänderung wegen seiner Taktik scheitert? Die CDU nennt sich gerne Partei der Bundeswehr - ausgerechnet sie wäre dann mitverantwortlich dafür, dass das Sondervermögen Bundeswehr scheitert.

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