Süddeutsche Zeitung

Iran:USA zieht den Stecker

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Bidens Regierung lässt iranische Internetseiten lahmlegen, etwa die des Propagandasenders Press TV - Teheran reagiert entrüstet.

Von Paul-Anton Krüger

Press TV ist der wichtigste staatlich finanzierte englischsprachige Fernsehsender in Iran. Der Auftritt des 2007 gegründeten Kanals erinnert sicher nicht zufällig an CNN oder BBC World, er ist das iranische Gegenmodell dazu. Nur, dass es wohl ein bisschen zu viel der Ehre wäre, von einem Nachrichtensender zu sprechen: Das Programm wirkt zwar recht professionell gemacht - unabhängig nach den Standards westlicher Medien ist die Redaktion aber nicht.

Den USA gilt Press TV, Teil des Staatsfernsehens IRIB, als wichtiger Kanal eines Propagandanetzwerks der Islamischen Republik. Denn IRIB untersteht Irans Establishment mit dem Obersten Führer Ajatollah Ali Chamenei an der Spitze. Deswegen haben die US-Behörden jetzt die primäre Internetpräsenz der TV-Station, presstv.com, beschlagnahmt - wie auch die von 35 weiteren Sendern, die mit dem Regime in Teheran verbunden sind.

Die US-Behörden handelten wenige Tage nach der Wahl des Hardliners Ebrahim Raisi zum neuen Präsidenten, deren ungeachtet die indirekten Verhandlungen über eine Rückkehr zum Atomabkommen zwischen Iran und den USA fortgesetzt werden sollen. Versucht man, die Seiten im Internet aufzurufen, erscheint nur eine Notiz der Bundespolizei FBI sowie des Handelsministeriums.

Das US-Justizministerium teilte mit, es habe 33 Domains sichergestellt, die der Iranian Islamic Radio and Television Union zuzuordnen seien. Diese war im Jahr 2020 wegen ihrer Verbindungen mit den Revolutionsgarden, der Eliteeinheit des iranischen Militärs, mit US-Sanktionen belegt worden. Die US-Firma, der die Domains gehören, habe nicht die erforderliche Lizenz beim Handelsministerium beantragt, die für einen Weiterbetrieb nötig sei.

Die meisten Seiten waren bald auf alternativen Adressen wieder erreichbar

Ebenso wurden drei Internetpräsenzen von Kata'ib Hisbollah abgeschaltet, einer schiitischen Miliz im Irak, die von den Revolutionsgarden kontrolliert und von Washington für Angriffe mit Raketen und Mörsergranaten auf US-Stützpunkte und Truppen im Irak verantwortlich gemacht wird.

Betroffen sind auch etwa die Seiten des arabischsprachigen Press-TV-Pendants al-Alam, al-Masirah, ein Sender aus Jemen, der von Ansarullah betrieben wird, wie sich die von Iran unterstützten Huthi-Milizen selbst bezeichnen. Die meisten Seiten waren allerdings weiterhin im Internet zu erreichen - spätestens nach wenigen Stunden über alternative Adressen.

In der Mitteilung des US-Justizministeriums hieß es, die Sender betrieben gegen die USA gerichtete Desinformationskampagnen und hätten versucht, unerlaubten Einfluss auszuüben - ein Verweis auf Versuche, die US-Präsidentenwahl zu manipulieren.

Der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Said Khatibzadeh, verurteilte in Teheran das Vorgehen der US-Behörden. Es sei ein Beispiel des systematischen Versuchs der USA, die Meinungsfreiheit auf globaler Ebene zu beeinträchtigen und unabhängige Stimmen in den Medien zum Schweigen zu bringen. Es sei beschämend für Washington, weiter solche Doppelstandards zu verwenden.

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