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TV-Programm zum Tod von Liz Taylor:Würdigung einer Gigantin?

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Obwohl die Schauspiel-Legende Liz Taylor schon am Nachmittag verstorben war, wurde sie im TV erst kurz nach Mitternacht gewürdigt. Sind Tote keine Programmänderung mehr wert?

Gerhard Matzig

Der zweite Gedanke war geradezu aufregend. Jetzt, dachte man, passiert's. Endlich. Diesmal bestimmt. Der erste Gedanke am Mittwoch war natürlich nicht aufregend, sondern nur traurig: Liz Taylor ist tot, wurde berichtet - und man konnte es nicht fassen, weil man Stars dieser Größe doch irgendwie für unsterblich hielt. Aber eben deshalb auch die Erwartung.

Wenn Liz Taylor stirbt, dachte man nämlich, die Gigantin, dann werden sie endlich mal das Fernsehprogramm ändern. Dann müssen sie es ändern. Dann müssen sie noch am selben Tag alle Taylor-Filme rauf und runter spielen - und so wird man eine Fernsehnacht lang Tele-Trauerarbeit leisten, um sich am Ende in der großen Gemeinde der Fans geborgen zu fühlen. So wird es sein. Dachte man. Und dann: nichts.

Beziehungsweise in der ARD Tobias Moretti und Tilo Prückner in Bauernopfer beziehungsweise Frank-Walter Steinmeier in Hart aber fair beziehungsweise Nichts wird mehr so sein wie vorher beziehungsweise Das tote Mädchen vom Bodensee.

Erst Johnny Depp hatte ein Einsehen. Klaglos räumten er und der Film Arizona Dream ihre Plätze für Liz Taylor, die man dann doch tatsächlich sehen konnte - in Die alles begehren. Da war es fünf Minuten nach ein Uhr in der Nacht. Zu Ende war der Film, der Liz Taylor würdigen sollte, um drei Uhr früh. Nicht ausgeschlossen, dass ihn jemand gesehen hat.

Es gibt eigentlich nichts, woraus man keinen Brennpunkt plus Programmänderung machen könnte. Tote Schauspieler gehören nicht mehr dazu. Sie sind weniger als nichts. Früher war der Satz "...deshalb ändern wir das Programm..." oft zu hören.

Heute schenkt das Fernsehen jenen Titanen, denen es seine Existenz verdankt, eine Programmänderung für Schichtarbeiter. Und auch nur dann, wenn es um Liz Taylor geht. Wie schäbig, wie klein. Aber vermutlich denkt das Fernsehen, alles andere sei altmodisch. Schäbig, klein - und dazu: Deutsches Fernsehen.

Zwei Filme mit Liz Taylor kündigte am Donnerstag noch das Bayerischen Fernsehen an: Telefon Butterfly 8, 27.März, 23.45Uhr, sowie Wer hat Angst vor Virginia Woolf?, 29.März, 23.30Uhr. Auch der WDR sendet zwei Filme: Die alles begehren, 25.März, 23.15Uhr, sowie Mord im Spiegel, 26.März, 15.10Uhr. Bereits vor dem Tod der Schauspielerin geplant war in der ARD Die Katze auf dem heißen Blechdach, 30. März, 0.35 Uhr.

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Quelle:
SZ vom 25.03.2011
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