Süddeutsche Zeitung

Sohn von Rupert Murdoch:Zu liberal für die Familie

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"Wir wünschen ihm für künftige Unternehmungen alles Gute": Der jüngste Sohn von Rupert Murdoch zieht sich aus dem Medienimperium seines Vaters zurück - und übt offen Kritik an dessen Kurs.

Von Christian Zaschke

James Murdoch war schon immer das ungewöhnlichste Mitglied der Familie des 89 Jahre alten Medienmoguls Rupert Murdoch. Er hat in Harvard studiert, er interessiert sich für die Künste, und er ist weitaus liberaler als der Rest der Sippe. Rupert Murdoch hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er politisch äußerst konservativ denkt und dass er vom Gros seiner Zeitungen erwartet, dass sie diese Linie respektieren. Das gilt insbesondere für Boulevardblätter wie die englische Sun und die krawallige New York Post. James Murdoch hingegen hat kürzlich den Wahlkampf des Demokraten Joe Biden mit einer Million Dollar unterstützt. Deutlicher hätte er kaum sagen können, dass er nicht auf einer Linie mit seinem Vater liegt.

Wobei: Er hat nun einen Weg gefunden, sein Missfallen noch klarer auszudrücken. Am vergangenen Freitag hat sich James Murdoch, 47, mit sofortiger Wirkung aus dem Vorstand von News Corp zurückgezogen, dem Teil von Murdochs Imperium, in dem die Zeitungen versammelt sind - neben den Boulevardblättern sind das zum Beispiel das Wall Street Journal und die Londoner Times. In einem Statement teilte er mit: "Mein Rücktritt hat seinen Grund in Meinungsverschiedenheiten über publizistische Inhalte, die von den Medien des Unternehmens veröffentlicht werden, sowie in einigen anderen strategischen Entscheidungen."

Dabei dürfte es ihm kaum um das Wall Street Journal und die Times gegangen sein. Beide Blätter sind zwar konservativ ausgerichtet, scheinen jedoch redaktionell relativ unabhängig von Murdoch zu operieren. Das lässt sich zum Beispiel von der Sun nicht unbedingt sagen, über die Rupert Murdoch einmal anmerkte, wenn man wissen wolle, was er denke, solle man diese Zeitung lesen.

James Murdoch wurde in England geboren und hat dort auch weite Teile seines Berufslebens verbracht. Als im Jahr 2011 in Großbritannien der sogenannte "phone hacking scandal" ausbrach, war er für das europäische Geschäft der Murdochs zuständig. Damals war ans Licht gekommen, dass die Zeitung News of the World jahrelang die Mobiltelefone von Prominenten und Opfern von Verbrechen gehackt hatte. Murdoch und sein Vater mussten vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss aussagen, was auch deshalb zum Spektakel wurde, weil ein Besucher versuchte, Rupert Murdoch eine Torte ins Gesicht zu drücken.

Die Abgeordneten legten James Murdoch damals einen E-Mail-Verkehr vor, aus dem hervorging, dass er Kenntnis vom Hacken der Telefone gehabt haben könnte. Er habe diesen E-Mail-Verkehr nie gelesen, behauptete er. Die 1843 gegründete News of the World, für die in ihren besseren Zeiten zum Beispiel George Orwell schrieb, wurde kurzerhand eingestellt. Da es um James Murdochs Glaubwürdigkeit in Großbritannien nach dieser Affäre nicht mehr zum Besten bestellt war, siedelte er nach New York über. Er wurde Geschäftsführer des Medienunternehmens 21st Century Fox, bis dieses 2015 an Disney verkauft wurde. Richtig heimisch wurde er anschließend nicht mehr im Konzern.

Klimawandel, Trump-Unterstützung - es gibt viele Streitthemen

Er begann, sich als Investor neu zu erfinden, und konzentrierte sich dabei unter anderem auf Umweltthemen. So etwas wäre seinem Vater nie in den Sinn gekommen. Und James Murdoch tat noch etwas Unerhörtes: Als in Australien Anfang des Jahres riesige Feuersbrünste durchs Land rollten, kritisierte er öffentlich die Berichterstattung der Murdoch-Blätter im Hinblick auf den Klimawandel. Da war klar, dass der Abschied nur noch eine Frage der Zeit sein würde. Laut New York Times hat Murdoch seit Anfang des Jahres über sein Ausscheiden aus dem Konzern verhandelt. Dass sich dieses nun so rasch vollzieht, begleitet lediglich von einem kargen Statement, gilt dennoch als überraschend.

Den Murdochs gehört auch der Kabelsender Fox News, der nicht nur sehr profitabel ist, sondern auch fast durchweg verlässlich Leben und Werk des Präsidenten Donald Trump preist. James Murdoch hingegen hat Trump öffentlich kritisiert, und daher wird darüber spekuliert, ob nicht auch die Ausrichtung dieses Senders ein Grund dafür ist, dass er kein Interesse mehr daran hatte, mit dem Familienunternehmen in Verbindung gebracht zu werden.

Rupert Murdoch und James' älterer Bruder Lachlan reagierten auf den Rücktritt ihrerseits mit einem Statement. Darin heißt es: "Wir sind James dankbar für seine jahrelange Arbeit für die Firma. Wir wünschen ihm für seine künftigen Unternehmungen alles Gute." Durch den Rückzug von James gilt der 48 Jahre alte Lachlan als designierter alleiniger Nachfolger an der Spitze des Unternehmens. James Murdoch bleibt Nutznießer des Familienfonds, was bedeutet, dass er vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens, das er nun verlassen hat, weiterhin profitiert.

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