Süddeutsche Zeitung

Pro/Contra zum GoT-Staffelfinale:Ende GoT, alles gut

Lesezeit: 2 min

Serien-Finale gewinnt man im Sprint, nicht im eleganten Trab: Game of Thrones schafft für die Charaktere einen würdigen Abschluss.

Kommentar von Xaver Bitz

Mit dem Ende von Serien ist es für die Fans ja so: Man liebt es, oder man hasst es. Dazwischen ist wenig, und bei einer Serie wie Game of Thrones ist ein schulterzuckendes Hinnehmen des Endes eben noch weniger wahrscheinlich als bei anderen. Wobei sich "Ende" hier auf die komplette Staffel bezieht. Der letzte Kilometer nach einem Zehntausend-Meter-Lauf. Selten gab es so viele Erwartungen an eine Serie, und selten hat das Ergebnis die Fanschar derart gespalten.

Das Potenzial der detailverliebt aufgebauten Hauptcharaktere werde zugunsten der brachialen Inszenierung von Schlacht und Krieg einfach verschleudert, lautet einer der Hauptvorwürfe. Dass sich die Serie zu wenig Zeit lässt und plötzliche Entwicklungen durch Andeutungen aus vorherigen Staffeln erklärt, ist ein anderer. Beides ist nicht grundsätzlich falsch. Aber: Es reicht nicht, um eine brillante Erzählung in Gänze zu ruinieren. Die Serie als Gesamtwerk bleibt genial. Vor allem die finale Folge ist noch mal außergewöhnlich gut. Und: Die Enttäuschung hat viel mit den nicht zu erfüllenden Erwartungen zu tun.

Game of Thrones lebte schließlich schon immer davon, die Zuschauer zu überraschen. Oft mündeten komplexe Handlungsstränge in überraschenden Momenten. Die rote Hochzeit, die Hochzeit von Joffrey Baratheon, oder auch der Tod von Hodor sind Beispiele dafür. Dabei brachen die Serienmacher Benioff und Weiss immer wieder mit gängigen Klischees. Hauptsächlich dem, dass Hauptcharaktere quasi-sakrosankt sind und Fan-Lieblinge nicht sterben dürfen.

All das fehlt in der letzten Staffel über weite Strecken. Das große Sterben, das viele erwartet hatten, fiel aus. "Nur" neun Hauptcharaktere (mit dem Nachtkönig zehn) starben in den letzten vier Folgen. Selbst der Schattenwolf von Jon Snow überlebte. Und genau darin bestand die großer Überraschung und die große Schönheit des Endes. Es wäre leicht gewesen, ein letztes Mal mit großen Schockeffekten zu hantieren. Die Macher entschieden sich für ein, nun, tatsächlich leiseres Ende. Und das wollten viele Fans nicht akzeptieren. Als ob die Staffel mit mehr Toten besser gewesen wäre.

Auch der Vorwurf, dass zu viel Wert auf Spektakel gelegt wird, ist schwer zu halten. Offene Schlachten gibt es nur in anderthalb bis zwei Folgen (nämlich in "Die lange Nacht" und "Die Glocken"). Und in der verbleibenden Zeit haben die Charaktere sehr wohl die Möglichkeit zur Entwicklung. Zugegeben: Sie nutzen die manchmal sprunghaft und plötzlich. Doch auch hier: Noch überraschender als Daenerys' Übergang zur städteverbennenden und Zivilisten mordenden Tyrannin ist doch die Tatsache, dass Jon Snow zu guter Letzt doch noch die Erkenntnis trifft, dass man Loyalität in Frage stellen kann. Und muss. Und dass er danach handelt.

Natürlich hätte mehr Zeit allem gut getan. Die Handlung wurde in den vergangenen dreizehn Folgen derart vorangepeitscht, dass die Zuschauer kaum zur Ruhe kommen konnten. Aber: Das ist ein Finale. Der letzte Sprint auf der langen Zielgeraden. Man gewinnt ein Rennen nicht mit Restkraft in den Muskeln. Man erreicht das Ziel atemlos und runderschöpft. Hauptsache, es ist vorbei. Die Schönheitspreise gewinnt man vorher.

GoT ist im Ziel angekommen. Am Ende - im doppelten Sinne. Es war kein elegantes Finish, aber eines, das den Charakteren einen würdigen Abschluss gegeben hat. Ein letztes großes Schaulaufen, gut genug alle mal, dass das Betteln von über einer Millionen Fans, die Staffel neu zu drehen, wie etwas zweifelhafte Besserwisserei wirken kann. Das Ende von Game of Thrones ist mitnichten ein schlechtes. Und vor allem ist es eines, das letztlich wohl doch überraschender war, als es vielen lieb ist.

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