Süddeutsche Zeitung

Bugs Bunny wird 80:Alter Hase

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Zwischen Anarchie und kontrolliertem Wahnsinn: Vor 80 Jahren wurde Bugs Bunny zum Kurzfilmhelden. Über einen Hasen, der Popkultur prägte und Umgangssprache veränderte.

Von Fritz Göttler

Gleich an seinem Geburtstag, auf den Tag genau vor achtzig Jahren, als erstmals ein Film mit ihm in der Hauptrolle in die amerikanischen Kinos kam, hat es Bugs Bunny erst mal voll erwischt. Sein passionierter Erzfeind, der schrullig-schrumpelige Jäger Elmer Fudd, legt mit seiner Flinte auf ihn an und verpasst ihm eine volle Ladung, Bugs fällt stocksteif um und ... Elmer ist über seinen Erfolg völlig außer sich, wirft sich zu Boden, schluchzt "I killed the wabbit!"- er hat Schwierigkeiten mit dem Buchstaben r ... Ein klassischer Fall von Hassliebe, wie er in der großen Zeit der amerikanischen Cartoons alltäglich war. Natürlich kann Bugs ihn gleich trösten, die Sterbeszene war ein kompletter Fake.

A Wild Hare hieß der Film, von Tex Avery, erstaufgeführt am 27. Juli 1940, der erste, den Bugs Bunny dominierte, zuvor hatte er ein paar Gastauftritte bei anderen Comicfiguren absolviert. Der amerikanische Zeichentrick war im Umbau, Walt Disney hatte in den Dreißigern begonnen, lange Animationsfilme zu entwickeln, verfilmte europäische Märchen, Schneewittchen, und europäische Musik, Fantasia. Beim Studio Warner blieb man den wilden kurzen Cartoons treu, vollgepackt mit den amerikanischen Macken, Eruptionen von Anarchie, immer an der Schmerzgrenze. Amerika hatte eben die große Depression hinter sich, in Europa hatte ein neuer Weltkrieg begonnen, nichts schien mehr sicher und normal. Looney Tunes und Merrie Melodies hießen die Warner Cartoonserien, Tex Avery, Friz Freleng, Chuck Jones waren ihre Schöpfer.

Bugs war intelligenter, aber wahnwitziger als seine Cartoongesellen

Bugs Bunny war unter seinen Cartoongesellen, Daffy Duck, Porky Pig, Tweety und Sylvester, von herausragend souveräner Selbstsicherheit - ich würde es kontrollierten Wahnwitz nennen, sagte Chuck Jones einmal, im Gegensatz zum wilden Wahnwitz. Bugs war schlank und würdevoll, intelligenter als die anderen, weniger von archaischen Reaktionsmustern und Reflexen konditioniert. Wenn Elmer ihm in A Wild Hare als Köder eine Karotte vor das Wabbit-Loch legt, kommt Bugs' Hand vorsichtig heraus, mit zierlichen Bewegungen tasten die Finger sich an das Ding heran. Ähnlich graziös sind die Bewegungen, wenn Bugs ein paar Jahre später als Pianist vor einem Konzertflügel landet, in Rhapsody Rabbit. What's up, Doc ... den legendären Satz, mit dem Bugs gern die Kommunikation mit Elmer Fudd eröffnet, hat Tex Avery aufgebracht, in seiner texanischen Heimat haben die Studenten damals sich so begrüßt.

Auf 168 Kinokurzfilme hat Bugs Bunny es bis 1964 gebracht, sie tauchten dann noch Jahrzehnte lang im Fernsehen auf. Lustvoll spielte man mit allen möglichen kulturellen Versatzstücken, Hare Tonic oder Meuterei auf der Bunny oder What's Opera, Doc - der wurde später in die berühmte Sammlung der wichtigsten amerikanischen Filme der Library of Congress in Washington aufgenommen. Der Film ist eine wahre Tour de Force, eine Achtminuten-Version des "Ring des Nibelungen", Bugs als Walküre, Elmer Fudd unter Goldhelm, Kill the wabbit, singt er zum Walkürenritt. Die amerikanische Mezzosopranistin Elizabeth Bishop hatte lange Zeit geglaubt, die rasante Wagner-Heroine würde Bwünnhilde heißen.

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