Süddeutsche Zeitung

Urteil nach Scheidung:Kein Recht auf den gemeinsamen Hund

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Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Ehen halten inzwischen wieder etwas länger als noch vor einem Vierteljahrhundert, sagt die Statistik. Die Durchschnittsdauer liegt bei ungefähr 15 Jahren. Oder, anders ausgedrückt: Ehen währen oft nur ein Hundeleben lang, nicht selten kürzer. Weshalb sich viele Paare bei der Scheidung nicht nur mit der gerechten Aufteilung von Kleiderschränken und Familienautos herumschlagen müssen, sondern mit der emotional ungleich schwierigeren Frage: Wer kriegt den Hund?

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat nun bereits zum zweiten Mal ein solches Hundeurteil gefällt. Es ging um eine Labradorhündin, die sich das Paar sozusagen selbst zur Hochzeit geschenkt hatte. Sie holten den Welpen damals, im September 2012, aus dem Tierheim, zahlten eine Schutzgebühr und heirateten kurz darauf. Der Mann hatte das Papier im Tierheim unterschrieben, aber es war die Frau, die später für das Tier sorgte, als sei es ihr eigenes Kind. Das jedenfalls sagte sie später im Prozess. Denn das Tier sei extrem schreckhaft und ängstlich. Es benötige ein liebevolles Umfeld.

Vier Jahre später zerbrach die Beziehung. Der Mann nahm den Hund mit, aber im anschließenden Scheidungsprozess schien er zunächst einzulenken: Das Paar einigte sich darauf, dass die Frau "regelmäßigen Umgang" mit dem Tier haben sollte, so wie man das sonst von Scheidungskindern kennt. Nur eben Gassi gehen statt Eis essen. Aber die Einigkeit hielt nicht lange vor: Der Mann rückte die Hündin nicht raus.

Hätte das Paar den Hund nur wenige Monate später erworben, also nach der Heirat, dann hätte die Frau, juristisch gesehen, wohl gute Karten gehabt. Hunde werden bei einer Scheidung nach denselben Regeln behandelt wie Haushaltsgegenstände. Obwohl Tiere ausdrücklich keine "Sachen" sind, das steht seit 1990 so im Bürgerlichen Gesetzbuch. Das heißt erstens: Was während der Ehe angeschafft wird, gehört prinzipiell beiden. Und zweitens: Bei der Aufteilung können auch "Gründe der Billigkeit" eine Rolle spielen. Dabei geht es keineswegs um den Kaufpreis, sondern darum, was den Umständen entsprechend als angemessen gelten muss, vulgo um die Frage: Was sagt der gesunde Menschenverstand?

In einem anderen Fall aus dem Jahr 2014, der letztlich ebenfalls vom OLG Stuttgart entschieden wurde, hatte dies die Richter zu einer verblüffenden Lösung veranlasst. Sie ließen einfach das Tier selbst entscheiden - damals ging es um die Malteserhündin Babsi. Babsi war also selbst im Gerichtssaal, lief schwanzwedelnd auf ihr Frauchen zu und blieb ruhig auf ihrem Schoß sitzen. Die Sache war damit entschieden.

Im vorliegenden Fall hat nun die Unterschrift, die der Mann damals bei der Abholung im Tierheim geleistet hat, zu einem eindeutigen Urteil geführt. Das Tier gilt als sein Eigentum und ist es auch nach der Heirat geblieben. Das OLG hat die Beschwerde der Frau abgewiesen. Und ein gesetzliches "Umgangsrecht" für Hunde gibt es nicht. Das gibt es nur für Kinder.

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