Süddeutsche Zeitung

Nachruf auf James Caan:"Sonny" Corleone

Lesezeit: 3 min

Das Mafia-Epos "Der Pate" machte ihn berühmt. Nun ist James Caan im Alter von 82 Jahren gestorben.

Von David Steinitz

Beim Stichwort Hollywood denkt man zunächst einmal nicht unbedingt an den Münchner Stadtteil Milbertshofen. James Caan aber brachte doch beides zusammen, als er 1975 den Science-Fiction-Film "Rollerball" unter anderem im Olympiapark drehte. In jenen Kulissen, die drei Jahre zuvor für die Olympischen Spiele errichtet worden waren, und die man in Hollywood wohl als passendes Bild einer dystopischen Zukunft einstufte. Auch die Rudi-Sedlmayer-Halle und das BMW-Hochhaus dienten dem Film als Kulissen.

Damals war der Schauspieler längst eines der wichtigsten Gesichter des New Hollywood geworden, jenem Vatermordkommando, das die amerikanische Filmindustrie vom Muff der alten Studiojahre befreite, die alte Generation absägte und ein neues Zeitalter des wilden Filmemachens einläutete.

Caan wuchs als Sohn deutscher Immigranten in den Vierzigerjahren in der Bronx auf, der Vater war Metzger, die Familie unendlich weit von den glitzernden Lichtern des Showgeschäfts entfernt. Er hatte deshalb zunächst auch so ziemlich alles andere als die Schauspielerei im Kopf. Sport war seine erste große Leidenschaft. Er erwarb den schwarzen Gürtel in Karate, er spielte Football, unter anderem an der Michigan State University, und er ritt Rodeos, wo man ihm den Spitznamen "Der jüdische Cowboy" verpasste.

Die meiste Ausdauer bewies er dann aber doch bei der Schauspielerei, die er vom Hobby zum Beruf machte. Erst am Theater, dann mit kleinen Rollen im Fernsehen. Seine erste Kinorolle hatte er 1963 gleich beim großen Billy Wilder in "Das Mädchen Irma La Douce", es war aber nur ein Komparsen-Auftritt. Etwas glamouröser war schon sein Auftritt an der Seite von John Wayne und Robert Mitchum drei Jahre später in "El Dorado". Billy Wilder, John Wayne, das waren große Namen, verdiente Künstler, aber sie standen eben noch für das alte Kino aus Hollywoods goldener Ära. Richtig groß wurde Caan erst durch die Generation der jungen Regisseure, allen voran Francis Ford Coppola, den er schon zu Unizeiten kennengelernt hatte.

Das Geld und der Erfolg führten ihn in Hollywood ganz nach oben - aber auch in die Drogensucht

Mit Coppola drehte er 1969 "Liebe niemals einen Fremden/The Rain People", und der junge Filmemacher merkte sich den Namen Caan auch, als ihm das Projekt seines Lebens in die Hände fiel. Das legendäre Filmstudio Paramount legte die Verfilmung von Mario Puzos Bestseller "Der Pate" in die Hände des gerade einmal 30-jährigen Independent-Regisseurs Coppola, und der holte Caan als Santino "Sonny" Corleone an die Seite von Marlon Brando und Al Pacino. Ein instant classic, der sofort in die Filmgeschichte einging und die Karrieren aller Beteiligten für immer prägte. Ihm seien im Verlauf seines Lebens grob geschätzt noch 60 andere Mafiafilme angeboten worden, erzählte Caan später, aber er habe fast immer nein gesagt - außer für "Der Pate II" natürlich.

Das Geld und der Erfolg (unter anderem eine Oscar-Nominierung für "Der Pate") führten ihn in Hollywoods A-Liga, aber auch in eine veritable Kokainsucht. In den Achtzigerjahren tauchte er ein paar Jahre ab. Er hatte eine Krise, vor allem auch nachdem seine Schwester Barbara 1981 an Leukämie starb.

Der Erfolg kam spätestens mit der Stephen-King-Verfilmung "Misery" (1990) zurück. Caan spielt in dem Psychothriller einen berühmten Schriftsteller, der von einem weiblichen Fan entführt und gequält wird. Die meisten King-Verfilmungen sind dumm, diese hier gehört zu den wenigen Ausnahmen - ein irrer Horrortrip.

Was Hollywood dann in den Neunziger- und Nullerjahren noch so auf die Zuschauer losließ, gefiel ihm allerdings meistens überhaupt nicht: "Da ist fast alles absoluter Mist!" Natürlich drehte er trotzdem weiter, weil er sich über seine Käuflichkeit als Schauspieler keine Illusionen machte und Jobs auch mal nur wegen des Geldes annahm. In dieser Hinsicht bezeichnete er sich selbst als "Hure". Aber er bleib auch weiterhin experimentierfreudig, interessierte sich für die nächste Generation, drehte zum Beispiel mit Lars von Trier "Dogville", und auch einen Gastauftritt in den "Simpsons" (als er selbst) machte er gerne mit.

Caan war eher kein method actor wie Robert De Niro, niemand, der sich übermäßig in seine Rollen hineinsteigerte, seine Arbeit überhöhte. "Meine Schauspieltechnik", erklärte er mal ironisch in einem Interview, "besteht darin, dass ich zu Gott nach oben schaue, kurz bevor die Kamera läuft, und ihm zurufe: "Give me a break!".

Am Mittwochabend ist James Caan im Alter von 82 Jahren gestorben.

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