Süddeutsche Zeitung

Neu in Kino & Streaming:Welche Filme sich lohnen - und welche nicht

Lesezeit: 3 min

Léa Seydoux als zynische Fernsehjournalistin "France". Das makellose Actionkino von "Jurassic World". Und eine beißende Komödie aus Österreich. Die Starts der Woche in Kürze.

Von den SZ-Kritikern

Belle

Juliane Liebert: Belle ist eine kitschige, aber ganz süße Neuauflage von "Die Schöne und das Biest", angesiedelt in einem sozialen Netzwerk. "Die Schöne und das Biest und das Internet" sozusagen. Die Hauptfigur, Suzu, eine schüchterne Schülerin, wird mit ihrem Avatar Belle über Nacht zum Internetstar. Das ganze Gesinge ist, ehrlich gesagt, ein wenig schwer auszuhalten, aber wenn man die entsprechenden Szenen stummschaltet oder vorspult, kann man mit diesem Anime von Mamoru Hosoda trotzdem Spaß haben.

France

Kathleen Hildebrand: France de Mœurs heißt die Hauptfigur in Bruno Dumonts Mix aus Drama, Komödie und Satire über eine gefeierte Fernsehjournalistin und Krisenreporterin, rückwärts gelesen also Mœurs de France, französische Sitten. Dass diese France eine Zynikerin ist, der es nur um die perfekte Selbstinszenierung geht, ist ein eher wenig origineller Ansatz für Medienkritik, ein besonders aufschlussreiches Sittengemälde ist der Film deshalb nicht. Aber Léa Seydoux spielt sie so glamourös, komisch und dann wieder so ernsthaft in ihrem Fall (France entwickelt nach einem kleinen Unfall plötzlich echte Gefühle), dass der Film sich allein für den Auftritt dieses großen französischen Stars unbedingt lohnt.

Ein großes Versprechen

Fritz Göttler: Das ist das Allerschlimmste für Juditha - dass alle ihr helfen wollen im Alltag, ihr Mann Erik und die Tochter, die Ärzte und Krankenhelferinnen. Juditha will selbständig sein, aber sie hat Multiple Sklerose, und die schreitet nun ganz schnell fort. Krankheit verkörpern ist im Kino leicht und unglaublich schwierig zugleich. Dagmar Manzel ist Juditha, ihr Körper ist krampfhaft in sich zusammengezogen, auch ihr Gesicht wirkt erschöpft und eingefallen. Wütend schlägt sie auf ihre nutzlosen Hände ein. Wendla Nölle inszeniert das ganz unsentimental und undramatisch in ihrem ersten Spielfilm. Rolf Lassgård ist Erik, der offenbar noch heftiger leidet. Er meint es wirklich gut, wenn er der Frau einen Rollstuhl besorgt, und er kapiert nicht, wie schrecklich das für sie klingen muss: der Rolls-Royce unter den Rollstühlen.

Jurassic World: Ein neues Zeitalter

David Steinitz: In Teil sechs der Kinoreihe haben die Dinosaurier sich auf der ganzen Erde ausgebreitet. Außerdem treibt eine sinistre Biotech-Firma gefährliche Genexperimente. Deshalb vereinen sich die Helden der alten und der neuen Filme zur Rettungsmission. Handwerklich makelloses Actionkino von Colin Trevorrow, an dessen Ende trotzdem der Dino-Overkill steht. Nächstes Mal geht's bestimmt in den Weltraum.

Mit Herz und Hund

Josef Grübl: Henry ist von eher kleiner Statur, dafür aber recht vorlaut. Tilly ist groß, verspielt und von freundlichem Gemüt. Die beiden Hunde lernen sich beim Spaziergang im Park kennen, Henrys Frauchen und Tillys Herrchen sagen bei der Gelegenheit auch Hallo. Liebe auf den ersten Blick ist es keine, doch im Laufe von vielen weiteren Spaziergängen kommen sich die beiden Senioren näher. Der Film des Briten Paul Morrison erzählt ganz unaufgeregt von Annäherungsschwierigkeiten im Alter. Die Tonart stimmt, die Besetzung auch - und die Mischung aus Romanze und Sozialdrama bekommt er ebenfalls ganz gut hin.

Risiken und Nebenwirkungen

Doris Kuhn: Die Handlung ist einfach: Kathrin braucht eine Spenderniere, um weiterzuleben. Statt eines Dramas entwickelt sich daraus eine beißende Komödie, weil Ehemann Arnold ihr von den seinen keine abgeben will. Die Kunst der Ausrede wird in jeder Nuance durchexerziert, und wenn man den Kerl dafür nicht nur hassen, sondern auch auslachen kann, liegt das an Kathrin, denn die weiß sich zu wehren. Michael Kreihsl verfilmt Boulevardtheater so drastisch, wie es sein soll. Dass der Film aus Österreich kommt, hilft, was die Unversöhnlichkeit angeht.

Sundown

Tobias Kniebe: Restlos erschlafft im Pool über einer Luftmatratze hängen, Gin Tonic in Reichweite, im paradiesischen Acapulco. Herrliche Auszeit vom Alltag? Für Neil (Tim Roth) ist es eher Zeichen einer fatalen Müdigkeit, gegenüber seiner Familie, seinem ererbten Reichtum, seiner Nutzlosigkeit. Er lügt, um aus den letzten Verpflichtungen auszusteigen, flüchtet in den chaotischen und gewalttätigen Teil der Stadt. Der mexikanische Regisseur Michel Franco ist ein Kinomeister mit Hang zum düsteren Menschenbild. Kann die rätselhafte Zuneigung einer viel jüngeren Mexikanerin (Iazua Larios), die Neil zuteilwird, daran noch etwas ändern?

Zum Tod meiner Mutter

Sofia Glasl: Er lässt auf sich warten, der Tod, obwohl die schwerkranke Kerstin ihn so herbeiwünscht. Weil Sterbehilfe verboten ist, hat sie beschlossen, jede Nahrung zu verweigern. Tochter Juliane begleitet sie auf ihrem beschwerlichen Abschied. Alte Freunde kommen vorbei und erzählen von früher. Filmemacherin Jessica Krummacher lässt sie das Ungreifbare immer wieder umkreisen, weil es kaum in Worte oder Bilder zu fassen ist. Alltäglichkeiten wirken plötzlich fremd und deplatziert. Trauer und Absurdes wechseln einander ab. Radikal ehrlich erzählt Krummacher von diesem Prozess, vom Wunsch, es möge doch endlich vorbei sein - und doch immer mit leiser Poesie.

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