Süddeutsche Zeitung

Infektionskrankheit:Reisende schleppen chinesisches Virus in weitere Länder ein

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Von Berit Uhlmann

Seit Jahresbeginn wächst in Asien die Angst vor einem neuen Krankheitserreger. In der chinesischen Stadt Wuhan hatte ein neuartiges Coronavirus Dutzende Lungenentzündungen ausgelöst; zwei Menschen sind gestorben. Als Ursprung wird ein Fischmarkt vermutet. Mittlerweile wurde der bislang namenlose Erreger in zwei weiteren Ländern entdeckt.

Am Mittwoch wurde bekannt, dass ein Mann in Japan positiv auf das Virus getestet wurde. Der etwa 30-Jährige hatte sich nach Angaben des Tokioter Gesundheitsministeriums Anfang Januar in Wuhan aufgehalten; er hatte allerdings nicht den unter Verdacht stehenden Fischmarkt besucht. In seiner Unterkunft habe er engen Kontakt zu einer Person gehabt, die Symptome einer Lungenentzündung zeigte, hieß es. Noch in Wuhan habe er Fieber und Husten bekommen und am 6. Januar die Heimreise angetreten. Dort sei er stationär behandelt worden. Röntgenaufnahmen zeigten Anzeichen einer Lungenentzündung.

Bereits am Montag hatten thailändische Behörden von einem ersten Fall in ihrem Land berichtet. Es handelt sich um eine 61-jährige Chinesin aus Wuhan, die bei der Einreisekontrolle am Flughafen Fieber gezeigt und anschließend in ein Krankenhaus gebracht wurde. Gentests bestätigten den neuen Erreger. Auch diese Frau hatte sich nicht auf dem Fischmarkt, wohl aber auf einem anderen Markt aufgehalten.

Der Erreger ist eng mit dem Sars-Virus verwandt

Beiden Patienten geht es mittlerweile gut. Menschen, mit denen sie zuvor in Kontakt gekommen waren, werden überwacht. Bislang sind bei keinem von ihnen Infektionen registriert worden. Auch unter den mehr als 750 Kontaktpersonen der in Wuhan Erkrankten ist kein Fall der Lungenentzündung aufgetreten. Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner Charité ergänzt: "Es gibt bisher keine Ärzte und kein Pflegepersonal mit Symptomen." Dies sei ein guter Hinweis darauf, dass das Virus nicht leicht übertragbar ist. Dafür spräche auch, dass bei den Patienten die oberen Atemwege nicht betroffen seien, "es gibt beispielsweise keinen Schnupfen". Von Lunge zu Lunge aber gelangt ein Erreger schwerer als etwa mit den Tröpfchen beim Niesen.

Bislang, so betont die Weltgesundheitsorganisation WHO, wurde kein Nachweis einer Mensch-zu-Mensch-Übertragung gefunden. Ausgeschlossen ist dieser Übertragungsweg jedoch nicht. Ein Hinweis auf diese Infektionsroute könnte ein Fall unter Eheleuten sein, über den die Gesundheitsbehörde der Stadt Wuhan berichtete: Nur der Mann hatte sich auf dem Fischmarkt aufgehalten, aber beide erkrankten.

Der Erreger ist zwischenzeitlich genetisch entschlüsselt worden. Er ähnelt nach Drostens Worten dem Sars-Virus, das in den Jahren 2002 und 2003 eine Pandemie mit etwa 8000 Erkrankten ausgelöst hatte. "Es ist dieselbe Virusart, nur in einer anderen Variante", sagt er. Unterschiede gebe es vor allem bei den Proteinen, mit denen das Virus an menschliche Zellen andocke.

Die Erkrankungen durch das neue Virus scheinen milder zu verlaufen als Sars und auch Mers, schreiben Forscher in einem vorab veröffentlichten Artikel im Fachblatt International Journal of Infectious Diseases. Zu den Coronaviren gehören neben Sars und Mers auch Erreger, die harmlose Erkältungen auslösen. Die 41 in Wuhan bestätigten Erkrankten litten hauptsächlich an Fieber und trockenem Husten. Jeder fünfte klagte über Atemnot. Allerdings wurde am Donnerstagabend ein weiterer Todesfall in China bekannt. Es handelte sich um einen 69-jährigen Mann. Der erste gestorbene Mann hatte an einer schweren Vorerkrankung gelitten. Fünf weitere Infizierte befanden sich in kritischem Zustand. Seit dem 3. Januar sind laut chinesischen Angaben keine neuen Fälle mehr aufgetreten.

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SZ vom 17.01.2020
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