Süddeutsche Zeitung

Vollverschleierung:Mit dem Burka-Verbot löst Bayern ein Problem, das es nicht gibt

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Die Staatsregierung will Schleier im öffentlichen Dienst verbieten. Diese Scheindebatte dient einzig dem Zweck, den Nimbus der CSU als durchsetzungsfähigste aller Parteien zu stärken.

Kommentar von Katja Auer

Es ist Wahlkampf und die Staatsregierung will ein Burkaverbot gesetzlich festschreiben. Damit ist die Intention dieser Initiative auch schon auf den Punkt gebracht, denn notwendig ist ein solches Verbot in Bayern nicht. Wenn im Freistaat tatsächlich voll verschleierte Frauen in größerer Zahl auftreten, dann meistens im Sommer auf der Münchner Maximilianstraße, wo sie viel Geld für teure Klamotten ausgeben. Die wenigsten von ihnen werden als Hochschullehrerin im Nikab Studenten unterrichten wollen oder sich - vermummt - um eine Stelle als Erzieherin bewerben.

Innenminister Joachim Herrmann hat schon recht, wenn er sagt, dass die Verhüllung des Gesichts einer offenen Kommunikation miteinander widerspricht, wie sie in Bayern und Deutschland gepflegt wird. Indes, vor solchen Schwierigkeiten steht kaum jemand und schon gar nicht im öffentlichen Raum, den die Staatsregierung nun gänzlich unverschleiert halten will. Eine Bedrohung der öffentlichen Ordnung, die eine gesetzliche Regelung notwendig machen würde, ist nicht in Sicht.

Es ist eine Scheindebatte, die die CSU führt, da soll ein Problem gelöst werden, das als solches gar nicht existiert. Aber das stört die Staatsregierung nicht, wenn sie so den Nimbus Bayerns als sicherstes aller Bundesländer und den der CSU als durchsetzungsfähigste aller Parteien stärken kann. Es ist wie am Aschermittwoch, wenn bestimmt wieder irgendwer in den Saal brüllen wird, dass in Bayern die Minarette nicht höher als die Kirchtürme sein dürfen, auch wenn das nirgendwo zur Debatte steht. Klingt aber gut. Nach Ordnung und abendländischen Werten. Und der Satz wird, wie jedes Jahr, begeistert beklatscht werden.

Man muss es natürlich nicht gutheißen, dass sich Frauen komplett verhüllen, erst recht natürlich, wenn sie dazu gezwungen werden. Und ja, hierzulande sollten Burka oder Nikab am besten abgelegt werden. Aber verbieten muss man sie dafür nicht. Schon gar nicht, wenn das Verbot allein ein symbolischer politischer Akt ist.

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Quelle:
SZ vom 22.02.2017
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