Süddeutsche Zeitung

Trauerminute:Nach "Reichsbürger"-Angriff: Polizisten in ganz Bayern gedenken ihres toten Kollegen

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Von Susi Wimmer

Am Anfang war es nur eine Münchner Idee in einem Polizei-Chat auf Facebook, jetzt soll eine bundesweite Aktion daraus entstehen: Kommenden Samstag werden in ganz Bayern um Punkt 15 Uhr alle Streifenwagen am Straßenrand anhalten, ihr Blaulicht einschalten. Dann werden die Polizisten aussteigen und eine öffentliche Trauerminute einlegen.

Das Gedenken gilt dem 32-jährigen SEK-Beamten, der vergangenen Mittwoch bei einem Einsatz im mittelfränkischen Georgensgmünd von einem "Reichsbürger" erschossen worden war. Ausgehend von München solidarisieren sich Polizisten in anderen Bundesländern - und vielleicht werden bundesweit am Samstag alle Polizeifahrzeuge kurz anhalten.

Der Todesfall in den eigenen Reihen hat bei Polizeibeamten in ganz Deutschland Bestürzung ausgelöst. Das war auch in einem geschlossenen Chat zu lesen, dem etwa 6000 Polizisten bundesweit beigetreten sind. Auf der Plattform wurde der Empörung und der Trauer Luft gemacht und man überlegte auch, wie man des toten Kollegen gedenken könnte. Es schwirrten Vorschläge durch den Raum wie Autocorso, Versammlung oder mit Blaulicht und Martinshorn durch den Ort fahren.

Irgendwann, so erzählt Jürgen Ascherl von der Deutschen Polizeigewerkschaft auf SZ-Nachfrage, sei er in dem Chat persönlich angeschrieben worden. "Lieber Jürgen Ascherl, kannst Du nicht was organisieren?" Und er konnte. Er besprach sich mit Münchens Vize-Polizeipräsident Werner Feiler und heraus kam die Idee mit der Gedenkminute am Straßenrand, und zwar am Tag der Beerdigung. So sollten es die Beamten in München machen.

Ascherl stellte den Vorschlag auf die Internet-Plattform und ehe er sich versah, hatte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) davon Wind bekommen. Er griff den Vorschlag sofort auf und rief eine bayernweite Gedenkminute aus. Wie die Kollegen, die zu dieser Zeit auf den Wachen Dienst schieben und nicht auf den Straßen ihre Solidarität bekunden können, an der Aktion teilnehmen, steht indes noch nicht fest. Denkbar ist, dass diese Polizisten auf der Wache kurz vors Haus gehen, ihre Mützen aufsetzen oder ähnliches. Ein genauer Plan wird derzeit noch ausgearbeitet.

Auf Anregung von Herrmann wollen sich nun auch in ganz Deutschland Polizei-Kollegen an der Aktion beteiligen. Sachsen-Anhalt soll schon Zustimmung signalisiert haben. Spontan hatten ohnehin schon andere Bundesländer an ihren Polizeiautos einen Trauerflor angebracht, etwa Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein -Westfalen und Brandenburg. Sie alle fahren bereits aus Solidarität mit ihren Kollegen in Bayern mit einem schwarzen Band an der Antenne der Streifenwagen auf Einsatz.

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Quelle:
SZ vom 26.10.2016
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