Süddeutsche Zeitung

Söder beim CSU-Parteitag:"Franz Josef Strauß würde diese AfD bekämpfen"

Lesezeit: 3 min

Von Ingrid Fuchs

Vier Wochen sind es noch bis zur bayerischen Landtagswahl - und schon jetzt geht es für die CSU um fast alles. Die jüngste Umfrage hängt wie eine finstere Wolke über Ministerpräsident Markus Söder: Auf nur 35 Prozent käme die CSU dem Bayerntrend des Bayerischen Rundfunks zufolge. Eine Alleinregierung ist damit unendlich weit entfernt, eine Koalition unausweichlich - was das Regieren aber noch viel schwieriger machen dürfte, ist, dass sich das Parlament künftig sogar aus sieben Parteien zusammensetzen könnte.

Die CSU trifft sich also an diesem Samstag im Münchner Postpalast zum Parteitag, um alle verfügbaren Kräfte für den Endspurt im Wahlkampf zu mobilisieren. Das Motto lautet "Ja zu Bayern", den gleichen Titel trägt das Wahlprogramm, das die CSU nun doch noch vorstellt. Elf Seiten umfasst das Papier, gegliedert ist es in drei Punkte: "Ja zu Bayerns Einzigartigkeit", "Ja zu Bayerns Zukunft", "Ja zu Bayerns Stabilität". Das Ja steht da jeweils in Großbuchstaben, JA! Damit auch jeder versteht, wie ernst es Söder und seinem Team ist. Inhaltlich geht es über Söders Regierungsprogramm vom April aber nicht wirklich hinaus.

An Söders Willen zum Erfolg dürfte unter den Delegierten aber sowieso keiner zweifeln. Zu Beginn des Parteitags bemüht sich CSU-Generalsekretär Markus Blume, auch alle Zweifel am richtigen Weg des Ministerpräsidenten auszuräumen. Die CSU sei immer dann besonders stark gewesen, wenn es auf sie angekommen sei.

Blume verteidigt die Politik seiner Partei, watscht der Reihe nach alle Oppositionsparteien ab und distanziert sich klar von der AfD. Seit den Vorfällen in Chemnitz hat die CSU den Versuch, die Rechtspopulisten einfach weg zu ignorieren, aufgegeben. Seit zwei Wochen wählt Söder deutliche Worte und auch sein Generalsekretär beschreibt, wie sehr es ihm beim Gedanken an eine starke AfD in Bayern graut. "Ich möchte nicht, dass diese Partei in diesem Land jemals eine Rolle spielt!" Für seine Abgrenzung zur AfD bekommt Blume von den Delegierten im Saal den meisten Applaus.

Nach dem Generalsekretär ist der Parteichef an der Reihe. Horst Seehofer hat die Nerven vieler CSU-Mitglieder in den vergangenen Wochen und Monaten arg strapaziert. Ein gewichtiger Anteil der für die Partei fatalen Flüchtlingsrhethorik wird ihm zugeschrieben. Wie viel Schaden geht auf Seehofers Konto? Schon bei der Begrüßung fällt der Applaus für den Bundesinnenminister schmäler aus, seine Rede plätschert dahin, Begeisterung löst er bei den Delegierten nicht wirklich aus.

An einer Stelle richtet sich Seehofer an die SPD und deren Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, die eine Anrechnung des bayerischen Familiengeldes auf Hartz IV verlangen: "Das ist schäbig, wenn gegen die kleinen Leute Politik gemacht wird." Heil solle endlich "diesen Unsinn" beenden und das Familiengeld anrechnungsfrei stellen. "Das ist die einzige richtige Antwort."

"Die soziale Frage unserer Zeit": Das Wohnen

Bezahlbares Wohnen nennt Seehofer "die soziale Frage unserer Zeit". Die Bundesregierung habe mit ihren jüngsten Beschlüssen - etwa dem Baukindergeld oder der Mieterschutznovelle - die richtigen Antworten darauf gegeben. Ob das die Menschen, die an diesem Samstag in München wegen genau dieser Frage demonstrieren wollen auch so sehen, das spielt in Seehofers Rede keine Rolle.

In Fragen zur Flüchtlingspolitik bleibt der Bundesinnenminister auf Linie, führt manche Punkte weiter aus "Ich werde nie verstehen, dass eine Demonstration stattfindet, damit Straftäter nicht abgeschoben werden, sondern hier im Land bleiben."

Im Prinzip macht Seehofer bei seinem Auftritt diesmal alles richtig: Er provoziert nicht unnötig, schimpft ausreichend und lobt immer und immer wieder den "lieben Markus". Dieser liebe Markus scheint seit seinem Amtsantritt schon eins geschafft zu haben: Einem Ministerpräsidenten Seehofer trauern die CSU-Delegierten offenbar nicht mehr besonders nach - schon am Applaus lässt sich das gut ablesen.

Der Ministerpräsident startet seine Rede ohne blumige Einleitung und ziemlich leidenschaftlich. Söder streift gleich Welt- und Europapolitk, verteidigt das bayerische Pflege- und Familiengeld, betont die enorme Herausforderung der Digitalisierung, und lässt auch sonst wenig Themen aus. Erst nach 40 Minuten Redezeit kommt er auf Asylpolitik zu sprechen und hält es dabei wie Seehofer: nicht provozieren. Umso härter geht er die AfD an, nennt ihr Agieren "schäbig und unanständig", man dürfe die Partei nicht weiter ignorieren. "Franz Josef Strauß würde diese AfD bekämpfen." Für seine Worte bekommt Söder von den Delegierten im Münchner Postpalast immer wieder kräftigen Applaus.

Die Stimmung auf dem Parteitag wirkt am Ende tatsächlich überraschend positiv. Den Begriff der absoluten Mehrheit nimmt zwar niemand mehr offiziell in den Mund, aber über mögliche Koalitionspartner mag Söder nicht spekulieren. Die Devise für die nächsten vier Wochen lautet ganz klar: "Kämpfen, kämpfen, kämpfen."

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