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Eklat bei Auftritt:"Revolverheld" kritisieren Gloria von Thurn und Taxis

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Die Regensburger Schlossherrin hält sich mit ihrer Meinung nicht zurück, so kennt man sie. Dafür wird sie hofiert, gerne auch von Rechten. Jetzt aber hat ihr mal jemand die Meinung gesagt - bei ihr daheim.

Kolumne von Andreas Glas, Regensburg

Es ist ein halbes Jahr her, dass Gloria von Thurn und Taxis diesen Satz gesagt hat: "Natürlich gibt es die Meinungsfreiheit. Aber wir dürfen nicht sagen, was wir denken." Sie hat das wirklich so gesagt. Die Frau, die permanent ihre Meinung ins Land bläst. Sie hat Abtreibung als "Massenmord" bezeichnet, Beten als Heilmittel gegen Homosexualität, Migration als "eine Art Krieg". Und über die jahrzehntelangen Misshandlungen bei den Regensburger Domspatzen sagte sie: "In meiner Jugend waren Schläge ein ganz normales pädagogisches Mittel, um mit frechen Kindern, wie ich eines war, fertig zu werden."

Hofiert wird Gloria von Thurn und Taxis trotzdem. Neulich, bei der Eröffnung des neuen Bayern-Museums in Regensburg, da begrüßte Kunstminister Bernd Sibler sie komplett ironiefrei mit "Ihre Durchlaucht". Natürlich durfte Durchlaucht in der ersten Reihe sitzen, bei Ministerpräsident Markus Söder, der "die liebe Fürstin" als "Kunstwerk" bezeichnet. Weil Kunst bekanntlich alles darf, ist es Söder und Sibler auch wurscht, dass die liebe Fürstin als Popstar bei Kongressen auftritt, bei denen AfD-Politiker und andere Rechtspopulisten ihre Klassentreffen abhalten.

Sting, Elton John, Tom Jones - alle waren sie schon da. Und alle waren artig

Hofiert wurde Gloria von Thurn und Taxis bislang auch bei den Festspielen, die gerade wieder im Innenhof ihres Schlosses stattfinden. Die Zuschauer kamen in Scharen, die großen Namen ebenfalls. Tom Jones, Sting, Elton John, waren alle schon mal da. Die Leute haben gejubelt, über die Künstler und die Hausherrin. Und die Künstler haben sich artig bei Gloria von Thurn und Taxis für die Einladung bedankt. So war das bisher immer. Bis zum Sonntagabend.

Bevor die Band Revolverheld zur Zugabe ansetzte, sagte Sänger Johannes Strate: "Wir spielen hier auf dem Grund einer Frau, mit deren Werten wir überhaupt nicht übereinstimmen." Man dürfe Missbrauch in der katholischen Kirche "nicht bagatellisieren" und Flüchtlinge "nicht elendig im Mittelmeer verrecken lassen". Mindestens so bemerkenswert wie die Gloria-Kritik der Band war die Reaktion der Zuschauer im Schlosshof: Sie klatschten, jubelten. Und Gloria von Thurn und Taxis? Hat ihre eigene Logik dazu. "Gott sei Dank", sagt sie, "darf man heute noch seine Meinung sagen."

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Quelle:
SZ vom 16.07.2019
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