Süddeutsche Zeitung

Parteivorstand:Die CSU rüstet sich für den Bundestagswahlkampf - mit oder ohne Seehofer

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Von Wolfgang Wittl, München

Wer das Informationsbedürfnis von Markus Söder kennt, dürfte sich am Montag gewundert haben. Der Finanzminister gehört zu den am besten unterrichteten Politikern im Land, weder ihm noch seinem Stab entgeht eine Nachricht, kaum dass sie auf dem Markt ist. So gesehen erstaunte Söder am Rande der CSU-Vorstandssitzung mit der Feststellung, er habe am Wochenende nur die Überschrift jenes Zeitungsartikels gelesen, in dem Manfred Weber ihn böse attackiert hatte. Der CSU-Vize warf Parteifreunden vor, sie würden aus egoistischen Motiven lieber gegen als für einen CSU-Erfolg bei der Bundestagswahl arbeiten. Söders Namen nannte Weber zwar nicht, aber der Kontext ließ keinen Zweifel daran, an wen er dachte.

Ein bisschen etwas muss Söder trotzdem mitbekommen haben von Webers Kritik. Jedenfalls konterte er nun, dass jeder in der CSU, also auch er, bei den Wahlen seinen Beitrag leisten werde. Er selbst müsse sogar Termine ablehnen, so viele Einladungen bekomme er, auch aus der CDU. Dann sagte Söder noch: "Und ansonsten hat der von mir hochgeschätzte Manfred volle Unterstützung, die vielen Probleme, die es in Brüssel gibt, zu lösen." Frei übersetzt hieß das: Der Kollege Weber möge doch bitte die Klappe halten und sich im Europaparlament um seinen eigenen Kram kümmern.

Söder, 50, und Weber, 44, das wird also nichts mehr - außer vielleicht ein Duell für die Zukunft, dafür aber müsste Weber weiter an Statur zulegen. Beide kennen sich aus der JU, was ihr Verhältnis zwar vertieft, aber keineswegs verbessert hat. Als Weber einst Söder gegen dessen Willen als Chef der Jungen Union nachfolgte, war dies der Beginn einer äußerst belastbaren Feindschaft. Söder konzentriert seine Interessen auf sich und Bayern, formuliert seinen Machtanspruch offensiver als jeder andere in der CSU. Weber versteht sich als Gegenpol, als Teamplayer mit dem strategischen Anspruch fürs große Ganze.

Sein Angriff auf Söder dürfte zwei Ansätzen folgen: zum einen der ehrlichen Sorge, dass in der CSU wirklich jeder für einen Unionserfolg bei der Bundestagswahl arbeitet; zum anderen einer Profilierung für die Zeit nach Horst Seehofer. Weber positioniere sich bereits jetzt als nachdenkliches, mahnendes Gegenmodell zu Söder, sagen Parteifreunde, ganz in der Tradition des früheren CSU-Fraktionschefs Alois Glück. Weber ließ am Montag nicht locker: Dem Wahlerfolg im September habe sich alles unterzuordnen, sagte er - "auch jede Debatte über persönlichen Ehrgeiz".

Zuspruch erhielt er von der oberbayerischen CSU-Chefin Ilse Aigner. Sie erklärte, ein schlechtes Abschneiden im Bund sei sicher nicht hilfreich für die Landtagswahl im nächsten Jahr. Sie gehe daher davon aus, dass jeder wisse, "was auf dem Spiel steht". Aigner und Weber warben erneut für eine Fortsetzung von Seehofers Karriere. Wenn er weiter Verantwortung für die Partei übernehmen wolle, "dann hat er die volle Unterstützung", sagte Weber. Aigner würdigte die "starke bundespolitische Durchschlagskraft" des Ministerpräsidenten, Generalsekretär Andreas Scheuer dessen Verhandlungsgeschick "der Extraklasse". Auch Alexander Dobrindt stimmte ein in den verdächtig lauten Chor der Lobeshymnen. Ein starkes Team müsse "unter einer erstklassigen Führung arbeiten", säuselte der Verkehrsminister: "Und ich gehe davon aus, dass dies auch noch längere Zeit so exzellent bleiben kann."

"Eine 30-Prozent-Partei kann ich auch führen"

Aber was will Seehofer? Der CSU-Chef bestätigte am Montag nur, dass er sich nun bereits am 24. April vor den Parteigremien zu seiner Zukunft äußern wolle, nicht erst im Mai. Im September 2012 hatte Seehofer gesagt: 2018 werde er seine politische Karriere beenden, dann sei "Schluss". Ein anderer Satz könnte wohl eher stimmen. Alle Spekulationen über seine Nachfolge seien bis 2018 "von gehobenem Unterhaltungswert", hatte Seehofer damals auch gesagt: "Es ist schön, aber es ist irrelevant."

In den Osterferien will der CSU-Chef sich festlegen, seinen Entschluss knüpft er auch an einen Gesundheitscheck. "Sie müssen wollen, Sie müssen können, und Sie müssen gewinnen - das ist die Maxime, die ich mir selber anlege und die ich auch an andere anlege. Das Wollen alleine reicht nicht." Das konnte man nun als Spitze gegen seinen Rivalen Söder verstehen. Oder auch als Vorbehalt, ob seine Kräfte für beide Ämter reichen. "Eine 30-Prozent-Partei kann ich auch führen", sagte Seehofer noch. Aber sein Anspruch sei ein anderer.

Webers Kritik an Parteifreunden befeuerte Seehofer nicht, auch in der Vorstandssitzung kam das Thema nach Teilnehmerangaben nicht zur Sprache. Es herrsche "jetzt ein so gutes Klima bei allen, die sich für den Bundestagswahlkampf engagieren", außerdem habe er sich ja erst vergangene Woche dazu geäußert, "und dabei bleibt's". Damals hatte er Weber explizit gelobt, über die Strategien anderer hingegen sagte Seehofer, da könne er "nur schmunzeln". Söder hatte es mitbekommen.

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SZ vom 04.04.2017
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