Süddeutsche Zeitung

Ehemaliges Reichsparteitagsgelände:Warum sich der Umzug der Nürnberger Oper verzögert

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2025 wollte das Staatstheater auf dem früheren NS-Areal mit der Arbeit beginnen. Daraus wird jetzt nichts. Was das für Konsequenzen für die Stadt hat.

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Der interimistische Umzug der Nürnberger Oper aufs ehemalige Reichsparteitagsgelände galt bislang schon als eine der heikelsten und schwierigsten Baustellen der Stadtgeschichte. Ehe es nun aber richtig losgegangen ist mit dem Bau, hat sich die ursprünglich angedachte Eröffnung der Spielstätte bereits um mindestens anderthalb Jahre verschoben. Nicht, wie geplant, im Jahr 2025 werden die Sparten Oper und Ballett in und an die Torso gebliebene NS-Kongresshalle umziehen. Sondern erst 2027.

Bekanntgegeben hat das die Stadt am Montag im Rahmen einer Pressekonferenz, in der es laut Ankündigung um das "Vergabeverfahren Ergänzungsbau neue Spielstätte des Staatstheaters in der Kongresshalle" gehen sollte. Das tat es auch. Als vordringliche Neuigkeit wurde dort freilich verkündet, dass - noch vor dem eigentlichen Baubeginn - schon etwas eingetreten ist, was viele längst befürchtet haben. Optimisten hatten den Umzug im Jahr 2025 stets als "sportlich", andere eher als "Traumtänzerei" etikettiert. Dass er nun definitiv verschoben werden muss, hat nicht nur Konsequenzen für die konkreten Pläne des Staatstheaters, sondern auch auf die Finanzen der Stadt.

Denn bislang galt das Jahr 2025 als die ultima ratio, nachdem eine Betriebserlaubnis im alten Haus am Richard-Wagner-Platz erlöschen werde. Aufgrund der Umzugsverzögerung wird die Stadt dort nun in Arbeitssicherheit- und Brandschutzmaßnahmen investieren müssen. Die exakten Kosten jetzt bereits zu beziffern, wäre "verwegen", sagt Nürnbergs Baureferent Daniel Ulrich. Er gehe derzeit aber von einem "niedrigen einstelligen Millionenbetrag" aus, um die alte Spielstätte soweit instand zu setzen, um sie weitere anderthalb bis zwei Jahre weiterbetreiben zu können. Der Spielbetrieb am Haus werde 2025 aber auf jeden Fall aufrechterhalten, versichert Oberbürgermeister Marcus König (CSU). So versuche man, den "kulturpolitischen Schaden" in Grenzen zu halten.

Staatsintendant Jens-Daniel Herzog erklärt, er habe erst vor "anderthalb Wochen" vom aufgeschobenen Umzug erfahren. Im Haus plane man nun eine außerordentliche Personalversammlung, die gesamte Planung müsse überdacht werden. Mit dem neuen Umzugstermin würde der Interimsbau auch erst nach Ende der bisher geplanten Amtszeit von Kulturbürgermeisterin Julia Lehner (CSU) vollendet. Auf die Frage, ob dies Auswirkungen auf ihre berufliche Lebensplanung haben könnte, antwortete die 69-Jährige am Montag ausweichend. Der Umzug gilt als eines der größten Kulturprojekte der Nürnberger Nachkriegsgeschichte. Die Verantwortliche im Kulturreferat währenddessen auszutauschen, dürfte jetzt bereits manchem Kopfzerbrechen bereiten.

Warum verschoben werden muss? Baureferent Ulrich nennt komplizierte Finanzierungsfragen, die komplexe Vernetzung des Opernhaus-Projekts mit den ebenfalls im ehemaligen NS-Bau entstehenden "kulturellen Ermöglichungsräumen" für bildende Künstlerinnen und Künstler - sowie die erregt geführte Debatte, wo exakt auf dem früheren NS-Areal der Interimsbau entstehen soll. Laut Ulrich soll voraussichtlich Ende 2023 entschieden werden, welches Tandem aus Baufirma und Architekturbüro mit dem Interimsbau beauftragt wird. Das Projekt ist europaweit ausgeschrieben. Oberbürgermeister König erwartet "eine internationale Aufmerksamkeit" für das Opernhaus auf historisch kontaminiertem Gelände, die Stadt sei sich dessen bewusst.

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