Süddeutsche Zeitung

Nachfolge:CSU-Chef in Niederbayern: General oder braver Parteisoldat?

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Von Wolfgang Wittl, Landau an der Isar

Über das weitere Vorgehen herrschte rasch Einvernehmen: Am 19. Februar will sich die niederbayerische CSU zu einem außerordentlichen Parteitag treffen. Dort soll sich entscheiden, wer den Bezirk künftig führen soll. Nebenbei ging es im Bezirksvorstand am Samstag um die Flüchtlingsproblematik sowie um die aus niederbayerischer CSU-Sicht erfreuliche Tatsache, dass zwei Wochen zuvor all ihre Kandidaten in den Parteivorstand gewählt wurden - mit besonderer Erwähnung des derzeit amtierenden Bezirksvorsitzenden Manfred Weber, der das beste Ergebnis aller fünf stellvertretenden CSU-Chefs erhalten hatte.

Es war also eine recht harmonische Zusammenkunft am Wochenende in Landau an der Isar, was vielleicht auch daran liegt, dass die wichtigste Frage zurückgestellt worden ist: Wer wird Weber als Bezirkschef nachfolgen?

Zwei Kandidaten haben nun immerhin offiziell bekundet, was seit Monaten bereits die Runde macht: CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer wie auch Wissenschaftsstaatssekretär Bernd Sibler melden Interesse am Bezirksvorsitz an. Ein weiterer Aspirant hat sich noch nicht festgelegt: Auch der Straubinger Oberbürgermeister Markus Pannermayr erwägt eine Kandidatur. Welcher der drei als Favorit gilt, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Scheuer, der niederbayerische Mini-Söder

Der prominenteste Anwärter ist zweifellos Scheuer. Der 41-jährige Bundestagsabgeordnete aus Passau wurde vor zwei Jahren zum CSU-Generalsekretär befördert - ein Amt, von dem nicht wenige in Niederbayern glauben, dass es zu Scheuers Naturell besser passt als das des Bezirkschefs. Attackieren und zuspitzen, das liege Scheuer. Aber ausgleichend moderieren? Verschiedene Meinungen zusammenführen?

Daran bestehen zumindest bei einigen , die ihn kennen, Zweifel. Scheuer polarisiert. Die einen äußern Respekt, wie er seinen Weg nach oben mit Ellenbogen-Einsatz angetreten hat. Andere attestieren ihm übersteigerten Ehrgeiz und mangelnden Teamgeist. Beispielhaft wird dann stets die Geschichte hervorgekramt, wie Scheuer - zunächst nur über die Liste in den Bundestag eingezogen - vor zehn Jahren dem Platzhirschen Klaus Rose das Direktmandat abspenstig machte, indem er hinter dessen Rücken eine Mehrheit organisierte.

Ist Sibler zu brav?

Sibler hingegen ist derjenige, der eher für die Fortsetzung von Webers diplomatischem Führungsstil steht. Der 44-Jährige aus Plattling gilt nach außen als unauffällig, seit Jahren sitzt er als Bildungsstaatssekretär am bayerischen Kabinettstisch. Im Landtag ist er Manager für niederbayerische Belange, Abgeordnetenkollegen beschreiben ihn als unaufgeregt, bescheiden, zuverlässig und fleißig. Doch ist er auch durchsetzungsstark genug, wenn der Bezirkschef gegenüber dem Parteivorsitzenden die regionalen Interessen zu wahren hat? Zu brav sei Sibler im Vergleich zu Scheuer, heißt es dann.

Beim Parteitag fiel Sibler durch das zweitbeste Ergebnis aller Beisitzer für den CSU-Vorstand auf. Mancher in Niederbayern hat ihm verübelt, als vor Monaten bei der Behördenverlagerung sein Heimatlandkreis Deggendorf, nicht aber Straubing bedient wurde. Zuletzt habe sich Sibler jedoch auffällig um Straubing bemüht. Zum Problem in der auf Proporz ausgerichteten CSU könnte für ihn allerdings werden, dass mit Landkreistagspräsident Christian Bernreiter eine weitere starke Figur aus Deggendorf kommt.

Was für und was gegen Pannermayr spricht

Sollte sich der Straubinger Oberbürgermeister Markus Pannermayr zu einer Kandidatur entschließen, werden ihm mitunter sogar die besten Chancen eingeräumt. Der 44-Jährige habe bewiesen, dass er einen Laden zusammenhalten und nach außen zwar höflich, aber trotzdem sehr bestimmt auftreten könne. Pannermayrs größtes Manko dürfte darin bestehen, ob er als Kommunalpolitiker die richtige Plattform hat. Die Wege in den Bundes- oder Landtag sind ihm auf absehbare Zeit versperrt, weil die Mandate von ebenfalls jüngeren Abgeordneten besetzt sind. Andererseits gab es diese Vorbehalte auch vor acht Jahren, als mit Weber ein Europaparlamentarier den Job übernahm. Zu weit weg, fürchteten welche - zu unrecht.

Dem Bezirkschef fällt nun die Aufgabe zu, den Übergang zu begleiten, ohne dass Verletzungen bleiben. Weber, 43, muss sein Amt aufgeben, weil es nicht vereinbar mit seiner Rolle als stellvertretender CSU-Chef ist. Jeder der Genannten sei geeignet, den Bezirksvorsitz gut auszufüllen, findet Weber. Er spricht von einem "Luxusproblem". Die Gespräche mit den Kreisvorsitzenden laufen bereits, die Tendenz: offen. Ob die Nachfolge ohne Kampfabstimmung abgeht? Niederbayern ist der drittgrößte CSU-Bezirk, der Posten garantiert eine starke Hausmacht. Bis zur nächsten Vorstandssitzung im Januar, sagt Weber, wisse man wohl mehr.

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SZ vom 07.12.2015
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