Süddeutsche Zeitung

Maskenaffären:Landtag schickt notfalls Amtsarzt zu Andrea Tandler

Lesezeit: 2 min

Nachdem die Tochter von Ex-CSU-Minister Gerold Tandler dem Untersuchungsausschuss wegen Krankheit abgesagt hat, wird sie für den 12. Mai erneut als Zeugin geladen. Es geht um Maskendeals über CSU-Kanäle und Provisionen in Höhe von vielen Millionen Euro.

Von Andreas Glas und Klaus Ott, München

Zeugen, die nicht kommen, das ist in der reichhaltigen Geschichte der Untersuchungsausschüsse im Bayerischen Landtag nichts Neues. Aber dass an einem Tag gleich vier Zeugen nicht auftauchen, das ist schon sehr ungewöhnlich. Für diesen Freitag haben dem U-Ausschuss Maske abgesagt: Andrea Tandler, Münchner PR-Unternehmerin und Tochter des einstigen CSU-Generalsekretär und Ex-Ministers Gerold Tandler, wegen Krankheit. Und drei Vertreter der Schweizer Handelsfirma Emix, die als ausländische Staatsbürger nicht kommen müssen.

Emix hat den Gesundheitsministerien in Bayern sowie in Nordrhein-Westfalen und vor allem dem Bundesgesundheitsministerium mit Hilfe von Andrea Tandler Corona-Schutzkleidung für mehr als 700 Millionen Euro verkauft. Die Tandler-Tochter wiederum nutzte CSU-Kanäle für ihre Vermittlungsdienste, für die sie zusammen mit einem Partner 48 Millionen Euro kassierte.

Am Freitag nun sollte die Münchner Unternehmerin, die öffentliche Auftritt in dieser Maskenaffäre bislang gemieden hat, im Landtag erscheinen. Vor Fotografen und wohl auch laufenden Fernsehkameras, zumindest bis zum Sitzungsbeginn. Das bleibt der erkrankten PR-Strategin nun erspart, nach der Absage per Mail beim U-Ausschuss. Der Mail soll ein ärztliches Attest über eine Erkrankung beigefügt gewesen sein. Es sei nichts Dramatisches, heißt es aus Landtagskreisen über den Gesundheitszustand der Tandler-Tochter.

Die PR-Strategin wird wohl die Aussage verweigern

Der Vorsitzende des U-Ausschusses, der frühere Justizminister Winfried Bausback von der CSU, hat Andrea Tandler denn auch gleich für einen neuen Termin geladen; in zwei Wochen, für den 12. Mai. Bis dahin dürfte, so die Annahme im U-Ausschuss, die Krankheit ausgestanden sein. Bausback hat nach eigenen Angaben die Tandler-Tochter über deren Anwältin vorsorglich darauf hingewiesen, dass ein erneutes Fernbleiben "dann nur nach Maßgabe und Vorlage einer entsprechenden amtsärztlichen Bestätigung der Verhinderungsgründe als ausreichend entschuldigt angesehen" werde.

Im Klartext heißt das: Bei einer weiteren Absage wegen Krankheit reicht es nicht mehr, wenn Andrea Tandler ein Attest ihrer Arztpraxis vorlegt. Dann müsste sich die Tandler-Tochter schon von einer Amtsärztin oder einem Amtsarzt untersuchen und bescheinigen lassen, dass sie nicht kommen könnte. Lange dauern würde die Zeugenvernehmung ohnehin nicht. Die PR-Strategin kann als Beschuldigte in Ermittlungsverfahren, die wegen der Maskendeals laufen, die Aussage verweigern. Der U-Ausschuss will sich gleichwohl einen kurzen Eindruck von Andrea Tandler verschaffen.

Dass ein Amtsarzt eingeschaltet wurde, das ist in der Geschichte der U-Ausschüsse mindestens ein Mal schon vorgekommen. Im Jahr 1994 war das, in einem spektakulären Steuerfall um den niederbayerischen Bäderkönig Eduard Zwick, der vom bayerischen Fiskus lange Zeit kräftig geschont worden war. Im Ausschuss war es auch um die Rolle des vormaligen Finanzministers Gerold Tandler gegangen, dem Bäderkönig Zwick einst 200 000 Euro geliehen hatte. Selbst die CSU-Mehrheit im U-Ausschuss war 1994 nicht umhin gekommen, diese spezielle Tandler-Zwick-Beziehung zu kritisieren.

Einer der wesentlichen Zeugen in jenem U-Ausschuss meldete sich über seinen Anwalt per Telefax krank. Der Ausschuss ließ diesen Zeugen daraufhin von einem in Diensten des Staates stehenden Arzt untersuchen, der zu einem eindeutigen Ergebnis kam. Aus medizinischer Sicht sei der Zeuge voll vernehmungsfähig. Er leide lediglich unter einer Befindlichkeitsstörung, sprich einer Unpässlichkeit. Die Vernehmung fand letzten Endes statt. Im Landtag geht man heute davon aus, dass es bei Andrea Tandler keiner amtsärztlichen Untersuchung bedarf und dass sie in zwei Wochen gesund im Maximilianeum erscheint, dem Sitz des Parlaments. Und sei es nur, um zu erklären, dass sie die Aussage verweigere.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5573921
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.