Süddeutsche Zeitung

Asylstreit:"Horst Seehofer und Markus Söder sind im Moment völlig außer Rand und Band"

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Von Wolfgang Wittl, Regensburg/München

Die bayerische SPD-Chefin Natascha Kohnen hat die CSU scharf für ihren Kurs in der Flüchtlingspolitik kritisiert. "Es werden Dinge hochgepeitscht, um Ängste zu schüren", sagte Kohnen am Donnerstagabend bei einem Besuch im Regensburger Presseclub. Man müsse Horst Seehofer und Markus Söder die Frage stellen, was sich seit dem Koalitionsvertrag genau verändert habe, damit die CSU plötzlich auf Zurückweisungen an deutschen Grenzen bestehe. Aus Kohnens Sicht provoziert die CSU damit in unverantwortlicher Weise: "Die Gesellschaft und die Demokratie kommen ins Rutschen." Der Asylstreit überlagere alle Themen.

Über den Ministerpräsidenten sagte sie: "Markus Söder führt die CSU ins rechtspopulistische Abseits." Kohnen räumte allerdings ein, dass ihre Partei nicht von dem Platz profitiere, den die CSU in der Mitte womöglich frei mache. Die Bayern-SPD liegt in Umfragen bei 13, 14 Prozent - das ist ein historischer Tiefstand. Kohnen, die auch stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende ist, führt dafür bundespolitische Gründe an. "Wir waren die letzten Jahrzehnte immer stark an den Bundestrend gekoppelt", sagte sie. Kritik äußerte sie am früheren SPD-Chef Sigmar Gabriel. Der habe Flüchtlinge erst mit Refugees-Welcome-Button empfangen, später habe er sich bei Pegida-Demonstrationen blicken lassen. "Das ist den Leuten nicht vermittelbar."

Um die Bayern-SPD aus dem Tief zu führen, müsse man Haltung zeigen, sagte Kohnen. Im Wahlkampf setzt sie als Spitzenkandidatin auf die Themen bezahlbares Wohnen, kostenlose Kita-Betreuung sowie auf ein klares Bekenntnis zu Europa. Söder warf sie Abgehobenheit vor. Der Ministerpräsident solle auf den Straßen "lieber mal die Schlaglöcher zählen, statt ein Raumfahrtprogramm zu starten". Die Frage, ob sie sich nach der Landtagswahl am 14. Oktober eine Koalition mit der CSU vorstellen könne, verneinte Kohnen mit den Worten: "Horst Seehofer und Markus Söder sind im Moment völlig außer Rand und Band."

Sorgen zum Auftreten ihrer Partei in der Flüchtlingspolitik äußerte die frühere stellvertretende CSU-Chefin Barbara Stamm. Die Landtagspräsidentin mahnte, die CSU dürfe die Wähler der Mitte nicht aus dem Blick verlieren. Im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk sagte Stamm auf die Frage, ob die CSU mit ihrem harten Auftreten im Asylstreit riskiere, bürgerliche Wähler zu verlieren: "Wir müssen darauf achten. Die Gefahr ist vorhanden." Man müsse Probleme zwar deutlich ansprechen, eine Zuspitzung in der Sprache tue der Gesellschaft mittelfristig aber nicht gut. Führende CSU-Politiker wie Söder hatten zuletzt wiederholt von "Asyltourismus" und "Asylgehalt" gesprochen.

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SZ vom 30.06.2018
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