Süddeutsche Zeitung

Krach im CSU-Kabinett:Spaenle und Kreuzer schließen Frieden auf Kommando

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Von Wolfgang Wittl, München

Wenn man so will, hat Horst Seehofer zweien seiner wichtigsten CSU-Leute ein Ultimatum gestellt. Ein sanftes zwar, aber doch ein Ultimatum: Es liege nahe, dass Kultusminister Ludwig Spaenle und Fraktionschef Thomas Kreuzer miteinander sprechen sollten, sagte der CSU-Chef. Und zwar so sprechen, dass beide bis Montagabend sagen könnten: "Die Sache ist geklärt." Für Montagabend hat die Münchner CSU zu ihrem Bezirksparteitag eingeladen, ihr Chef Spaenle und der gesamte Vorstand stehen zur Wiederwahl. Bis dahin soll Ruhe herrschen, hoffte Seehofer am Freitagvormittag.

Und siehe da, wenige Stunden später verschickten Spaenle und Kreuzer eine gemeinsame Erklärung. Darin steht: "Wir haben am Rande der Reise der CSU-Landtagsfraktion in Prag ein Gespräch geführt. Heute haben wir uns erneut ausgetauscht. Dabei wurden etwaige Missverständnisse einvernehmlich ausgeräumt." Worin diese Missverständnisse bestanden? "Wir haben bestimmte Dinge besprochen, das ist jetzt erledigt", sagte Spaenle. Der Schlusssatz lautet noch: "Unsere gute Zusammenarbeit setzen wir weiter fort." Das könnte mancher in der Partei auch als Drohung verstehen. Ob die von Seehofer erhoffte Ruhe einkehrt, wird jedenfalls bezweifelt.

Seit Jahrzehnten gilt die Münchner CSU als der schwierigste aller Bezirksverbände. Ihr miserabler Ruf gründet auf Postenschacherei, auf Intrigen und "marodierenden Massen", wie ein CSU-Mann jene Sorte Mitglieder nennt, die sich kurzerhand in Orts- und Kreisverbände einschreiben und somit schnelle Mehrheiten gewährleisten. In den anderen Bezirken sind diese regelmäßig wiederkehrenden Vorgänge zwar durchaus bekannt, doch so anschaulich wie diesmal wurden sie einem breiten Publikum selten vorgeführt. Und auch nicht auf dieser Ebene. Normalerweise wickeln die Münchner ihre Duelle intern ab. Diesmal war sogar der Chef der Landtagsfraktion verwickelt.

Noch immer ist unklar, wie diese ominöse Geschichte der Bild-Zeitung zustande kam. Das Blatt hatte am Mittwoch berichtet, Kreuzer und Spaenle seien Anfang Mai bei besagter Fraktionsreise in Prag an der Hotelbar lautstark aneinandergeraten. Kreuzer habe sich bei Spaenle beschwert, dass dieser nichts für das politische Überleben seiner Lebensgefährtin Mechthilde Wittmann unternehme. Und dann soll Kreuzer dem Kultusminister auch noch indirekt mit dem Rauswurf aus dem Kabinett gedroht haben.

Parteifreunde schütteln über die Münchner CSU nur noch den Kopf

Kreuzer dementierte energisch, Spaenle sagte zunächst gar nichts. Bis heute lassen sich keine Zeugen auftreiben, die den Vorfall bestätigen, obwohl sich die Szene vor 50 CSU-Leuten abgespielt hat. Ein Gespräch habe es gegeben, gewiss. Aber Streit habe niemand bemerkt. Wer also hat diese vermutlich falschen Informationen durchgestochen? Und aus welchem Grund?

Den größten Schaden tragen Kreuzer und seine Lebensgefährtin Mechthilde Wittmann davon. Sie seien einer "typisch münchnerischen Intrige" aufgesessen, mutmaßen Parteifreunde.

Aber auch Spaenle kommt nicht allzu gut weg. Ein Bezirkschef sollte vor einem Parteitag eher dadurch auffallen, dass in seinen Reihen Ruhe herrscht, kein Chaos. Trotzdem wurde Spaenle - wie auch sein Stellvertreter Georg Eisenreich - verdächtigt, Urheber der Geschichte zu sein, oder sie zumindest nicht unterbunden zu haben. In der Gesamtpartei heißt es, der Vorfall habe nur noch "Kopfschütteln" ausgelöst, die Münchner CSU habe ihren "katastrophalen Zustand" öffentlich dokumentiert.

Horst Seehofer dürfte das alles nicht gefallen. Er wird am Montag selbst beim Bezirksparteitag sprechen. Über die Landtagsabgeordnete Mechthilde Wittmann, die der Auslöser für den angeblichen Streit gewesen sein soll, hat er sich schon am Freitag klar geäußert. Wittmann wurde vor zwei Jahren nach einem Clinch mit Spaenle und Eisenreich als Bezirks-Vize abgewählt, nun muss sie um ihre Zukunft im Landtag bangen. "Ich kann über ihre Qualität, ihre Arbeit und ihre Qualifikation nur Positives sagen", sagt Seehofer. Nicht umsonst habe ihr die Fraktion den Vorsitz im Untersuchungsausschuss zu Bayern-Ei übertragen.

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SZ vom 24.06.2017
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