Süddeutsche Zeitung

Markenrechtstreit:Wenn die Ähnlichkeit mit Tina Turner zum Problem wird

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Von Andreas Glas, Köln/Passau

Vor zwei Monaten wurde Tina Turner 80 Jahre alt und die Feuilletons schrieben Hymnen und Huldigungen, völlig zurecht natürlich. Lebende Legende, Queen of Rock, das waren so die Schlagwörter. Man bekam präsentiert: eine Heldin. "We don't need another hero", wir brauchen keinen anderen Helden, so heißt auch einer der großen Turner-Hits. In den Achtzigerjahren war das der perfekte Soundtrack zum Kinofilm "Mad Max". Nun, 35 Jahre später, passt dieses Lied wieder ganz gut. Diesmal als Soundtrack eines Markenrechtstreits, den ein Passauer Konzertveranstalter mit Tina Turner ausgefochten hat. Erfolglos, wie das Landgericht Köln an diesem Mittwoch entschieden hat.

Der Auslöser des Streits war ein Plakat, mit dem die Firma Cofo Entertainment aus Passau für die Bühnenshow "Simply the best - die Tina Turner Story" wirbt. Die Heldin der Show: Dorothea "Coco" Fletcher, ein Turner-Double. Der Inhalt: eine "musikalische Biographie" der US-Sängerin, so steht es auf der Homepage des Veranstalters. Das Problem: Sängerin Fletcher, das Plakatdouble, sieht Sängerin Turner, dem Original, sehr ähnlich. Zu ähnlich, findet Turner, und verklagte Cofo Entertainment. Eine Kopie der Heldin? Nicht erwünscht.

Und nicht erlaubt, wie das Kölner Gericht nun festgestellt hat. Das Plakat mit dem Namen Tina Turner plus Doppelgängerfoto könne den Eindruck wecken, dass die echte Sängerin am Musical mitwirke oder selbst auftrete. "Die beklagte Firma hat nicht das Recht, ein potenzielles Publikum über die Mitwirkung von Tina Turner zu täuschen", teilte das Landgericht in einer Presseerklärung mit.

Ein Täuschungsmanöver? "Unrealistisch", sagt Johannes Heininger, Sprecher der Passauer Veranstaltungsfirma. "Wir haben von unserem Publikum nie die Rückmeldung bekommen, dass jemand enttäuscht war, dass die echte Tina Turner nicht auf der Bühne stand." Und das Publikum sei wirklich groß, sagt Heininger. In zehn Jahren sei die Show ein paar Hundert Mal aufgeführt worden, vor mehreren Hunderttausend Zuschauern in vielen Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Trotzdem sagt Heininger: "Das Urteil ist so ausgefallen, wie wir das schon erwartet hatten."

Schon im Oktober hatte das Gericht die Turner-Klage ja für zulässig erklärt - und den Streitparteien einen Vorschlag für eine gütliche Einigung gemacht. Der Richter empfahl dem Veranstalter, einen Hinweis auf den Plakaten anzubringen, dass das Publikum eben nicht die echte Tina Turner zu sehen kriegt. Im Gegenzug sollte Turner auf weitere Forderungen verzichten. Die Passauer Firma war einverstanden und hat den meisten Plakaten inzwischen den Hinweis "Starring Dorothea 'Coco' Fletcher" hinzugefügt. Doch weil Turner die Einigung offenbar ablehnte, musste letztlich das Gericht eine Entscheidung treffen.

Und was sind jetzt die Konsequenzen? Das könne er erst in ein paar Tagen sagen, wenn die detaillierte Begründung des Urteils da sei, sagt Cofo-Sprecher Heininger. Er rechne aber damit, "dass mit der Änderung des Plakats auch unser Soll erfüllt ist". Die Show werde auf jeden Fall weitergehen, der Rechtsstreit betreffe ja nur die Werbung, nicht die Veranstaltung selbst. "Der Ticketverkauf läuft richtig gut, die Nachfrage ist enorm", sagt Heininger. Der öffentlichkeitswirksame Rechtsstreit dürfte auch nicht die schlechteste Werbung gewesen sein, oder? "Das war jetzt nicht unbedingt ein Nachteil", sagt Johannes Heininger, "das muss man ganz ehrlich sagen".

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SZ vom 23.01.2020
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